Augenschmaus für Kocheinsteiger

Kitty Kahanes Kochwelt verdient Beachtung. Ihr Buch mit einer Fülle von Rezepten für Fischgerichte ist nicht nur wunderschön gestaltet, sondern auch praktikabel für Menschen, die gerne Neues ausprobieren Von Petra Groll

Für das allerschönste Kochbuch des Jahres zeichnet die Berliner Künstlerin Kitty Kahane verantwortlich; alle Abbildungen auf dieser Seite stammen aus dem Buch. Schon vor einigen Jahren begeisterte Kahane ihre Fans mit farbenfrohen Porzellandesigns, unter anderem bei Rosenthal. Jetzt legt sie mit „Kitty Kahane‘s Funny Fish Food“ nach, einer zauberhaft gestalteten und aufwendig gedruckten Sammlung einfacher bis ambitionierter Rezepte des Münchner Kochs Harald Schultes. Alles dreht sich, wie der Name schon sagt, um Fisch und Meeresfrüchte.

Der Umgang mit Frischfisch setzt einiges an Küchenpraxis voraus: Wer einen Fisch nicht häuten kann oder filetieren, bleibt eben bei Fischstäbchen, egal welchen Formats. Oder sucht sich einen vertrauenswürdigen Fischhändler und beginnt unverzagt zu üben. Die Rezepte aus Kahanes Küche sind es wert, auch Einsteiger werden an die Hand genommen. Und die liebevolle Gestaltung vermag über einigen Anfängerfrust hinwegzutrösten. Außerdem ist die Arbeit mit Fisch im Prinzip unkompliziert, schon die knappen Garzeiten sprechen gegen alle unnötigen Schnörkel. Nur Mut also und ran an Anchovis und Zackenbarsch.

Schultes Rezepte sind asiatisch bis mediterran inspiriert (Glasnudelsalat mit Shrimps und Zitronendressing, Forellenfilets mit Pinienkernen), fischen aber auch überall sonst, wo es Gutes gibt: Fish 'n' Chips mit feiner Sauce, Soljanka, norwegische Fiskeboller, gefillte Fisch. Zutaten (man sollte sich vorsichtshalber nach einem Gewürzhändler umschauen, der auch im Winter frisches Koriandergrün sowie Zitronengras und andere Kräuter anbietet) und Arbeitsgänge werden fachkundig und präzise vorgegeben.

Das macht ein gutes Kochbuch aus und sollte selbstverständlich sein, möchte man meinen. Doch weit gefehlt: Seit mindestens zwei Regalmeter fünfzig Rezeptsammlung den wirklichen Gourmet kennzeichnen und Verlage dieses Modebedürfnis massenhaft bedienen, geraten praktische Anweisungen und eine verständliche Sprache bedauerlicherweise zu oft ins Hintertreffen. Besonders bei den optisch aufgemotzten Kochbüchern – die dem Hobbykoch glauben machen, er könne mit den Profiresultaten eines hochgerüsteten Versuchsstudios konkurrieren – kommt das immer wieder vor.

Nicht so in Kahanes lustiger Fischküche. Schon beim Stöbern taucht der Leser mit der Künstlerin in eine heitere Wasserwelt, bevölkert von ulkigen Flossen- und Schuppenwesen, die immer gute Laune versprühen: offensichtlich total verknallte Heringe, musizierende Meerjungfern, giggelnde Alligatoren.

Auf die Anleihen aus der Literatenwelt hätte man womöglich verzichten können, so aber überschreibt „Fisches Nachtgesang“ die Abteilung Kalte Vorspeisen und „Die Sehnsucht des Ernest“ die Rezepturen vom Grill. Aus dem „Piratenschatz“, darin verbergen sich internationale Spezialitäten, haben wir den Loup de Mer im Salzteig gebacken: einfach und lecker. Wir waren rundum zufrieden.

Kitty Kahane's Funny Fish Food, Mary Hahn Verlag, München 1999, 160 Seiten, Großformat, 68 Mark

Petra Groll, 42, taz.mag-Redakteurin, lebt in Berlin und kocht zu dieser Jahreszeit gerne Grünkohl an Ente.