Grüne Gentechnik abgeschoben

Der Chemiekonzern Novartis legt seine Agrarsparte mit dem Unternehmen AstraZeneca zusammen: Der Weltmarktführer für Gentech-Pflanzen entsteht  ■   Von Hannes Koch

Berlin (taz) – Tomaten, die langsamer vergammeln, Maispflanzen, an denen sich Raupen vergiften: zwei Produkte aus den Laboren der Gentechnologie, demnächst aus einem Konzern. Das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca und der Schweizer Chemie-Gigant Novartis (ehemals Sandoz und Ciba-Geigy) erklärten gestern, dass sie das weltweit größte Unternehmen für Landwirtschafts-Chemie gründen wollen. Novartis spendiert seine Sparten für Pflanzenschutz und Saatgut, AstraZeneca seine gesamte Agrochemie. Damit entsteht das erste Unternehmen auf der Welt, das sich ausschließlich mit derartigen Produkten beschäftigt.

Nach der Fusion soll der gemeinsame Umsatz rund 7,9 Milliarden Dollar (15 Milliarden Mark) betragen. Novartis wird 61 Prozent der Anteile halten, AstraZeneca 39 Prozent. 3.000 von den zunächst 23.500 Beschäftigten wollen die Vorstände in den kommenden drei Jahren abwickeln.

Das neue Unternehmen, das von Basel aus geleitet werden soll, trägt den Kunstnamen „Syngenta“. Die Wortprägung könnte daraufhindeuten, dass Novartis mit der Agrochemie nichts mehr zu tun haben will. Die Sparte steckt seit geraumer Zeit in erheblichen Problemen. Wegen sinkender Getreidepreise bringen die Unkraut-, Insekten- und Pilzvernichtungsmittel weniger ein als geplant.

Auch die grüne Gentechnologie floppt. Viel Geld hat Novartis dafür ausgegeben, Maispflanzen ein Bakterien-Gen einzusetzen, das Raupen vergiftet, die sich am Mais gütlich tun. Nicht zuletzt auf Druck der VerbraucherInnen haben jedoch Österreich, Luxemburg ein Importverbot und Frankreich ein Anbauverbot für Gentech-Mais verhängt (siehe auch Kasten und Interview).

Welche Auflagen für die Fusion möglicherweise die KartellaufseherInnen der Europäischen Kommission und der US-Regierung verhängen werden, ist noch offen.

Mit der Abspaltung der Agrotechnologie konzentriert sich Novartis künftig auf das Geschäft mit Arzneimitteln und Medizinprodukten.

Das Unternehmen verfolgt damit eine grundsätzlich andere Strategie als die zukünftigte Nummer zwei auf dem Weltmarkt für Agrarchemie: Aventis. Dieser Zusammenschluss des deutschen Konzerns Hoechst und der französischen Rhone-Poulenc betrachtet sich als Unternehmen für „Life-Science“, will also Arzneimittel- und Landwirtschaftsforschung kombinieren, um über die Synergieeffekte Kostenvorteile zu erreichen. Hoechst will seine Agro-Gentech-Tochter Agrevo deshalb nicht ausgliedern.