Mannesmann bibbert

Mobilfunkunternehmen Vodafone erhöht Kaufangebot auf 124 Milliarden Euro – die teuerste Fusion der Geschichte. Belegschaft und Politiker dagegen  ■   Von Hannes Koch

Berlin (ta*) – Das britische Mobilfunkunternehmen Vodafone Airtouch hat ein neues Übernahmeangebot für die Mannesmann AG samt ihren 130.000 Beschäftigten vorgelegt. Demnach soll die feindliche Übernahme dadurch gelingen, dass jeder Mannesmann-Aktionär 53,7 Vodafone-Anteile für eine Mannesmann-Aktie erhält. Das läuft auf einen Preis von rund 240 Euro (etwa 480 Mark) pro Mannesmann-Aktie hinaus. Insgesamt ist das Übernahmeangebot also etwa 124 Milliarden Euro wert – und damit das größte der weltweiten Wirtschaftsgeschichte.

Deutsche Politiker warnten gestern, das traditionsreiche rheinische Unternehmen solle nicht ins Ausland verscherbelt werden. „Es wäre schlecht, wenn die Kraft, die Mannesmann bewiesen hat, gefährdet würde“, sagte NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD). Er plädierte dafür, dass die Firma eigenständig bleiben solle. Selbst Regierungschef Gerhard Schröder (SPD) warnte: „Die Kultur des Unternehmens“ dürfe nicht vernichtet werden. Während gestern der Aufsichtsrat von Mannesmann über das Vodafone-Angebot beriet, demonstrierten in Ratingen einige hundert Mannesmann-Beschäftigte.

Die Gewerkschaft IG Metall und die Betriebsräte befürchten nun die Vernichtung von Stellen. „Vodafone würde die Verwaltung in Deutschland nicht mehr brauchen“, sagt Friedrich Apfelbaum, der Betriebsratschef im Hauptquartier. Die dortigen 750 Beschäftigten wären damit ihre Jobs los. Denn die Briten würden die Politik des Unternehmens fortan von ihren Büros in der englischen Grafschaft Berkshire aus bestimmen. Die Mitbestimmung in den deutschen Fabriken bliebe erhalten, aber auf die Gesamtpolitik von Mannesmann hätten Gewerkschaft und Beschäftigte keinen Einfluss mehr.

Über einen weiteren Stellenabbau lässt sich bislang noch nicht viel sagen. Klar ist, dass Vodafone die Firma Mannesmann aufteilen und die meisten Gesellschaften an die Börse bringen oder anderweitig verkaufen würde. Heute besteht Mannesmann aus fast 400 Gesellschaften, die meist den Sparten Anlagenbau und Automobilteile-Lieferanten angehören. Im Unternehmen finden sich etwa der Autoinstrumenten-Hersteller VDO und die Rüstungsschmiede Krauss-Maffei. Vodafone allerdings interessiert nur die Mobilfunksparte von Mannesmann mit den D2-Handys. Selbst die Gesellschaften Otelo und Arcor, die Telefonieren über Kabel anbieten, würden die Briten wohl losschlagen. Hier steht schon die France Telekom in den Startlöchern.

Richtig in Gefahr ist allerdings die Röhrenherstellung. Durch die Erfindung von nahtlosen Rohren begann früher der Aufstieg von Mannesmann, heute schreiben die Fabriken aber Minus. Dort wird als erstes die Abwicklung von Stellen erwartet.

Ein guter Teil der Auslagerungen, die bei einer Übernahme durch Vodafone befürchtet werden, würde jedoch auch der Mannesmann-Vorstand in die Wege leiten. Die Chefetage plant die Umstrukturierung mit Schwerpunkt Telekommunikation auf Basis von D2, Otelo und Arcor, die heute schon ein Drittel der Einnahmen ausmachen. Die Schwerindustrie soll allmählich auslaufen. Mannesmann und Vodafone wären gemeinsam der größte Mobilfunkanbieter der Welt.

Deutsche Fondsmanager, die Mannesmann-Aktien halten, bewerteten das Vodafone-Angebot gestern skeptisch. Es enthalte kein Bargeld. Wie die ausländischen Mannesmann-Aktionäre reagieren, wird man sehen. Rund 60 von 100 der Aktien sind schon in ausländischem Eigentum.

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