Querspalte

■ R3K1A-4582

 Ich war im Freundschaftsrat. Bei den Grenztruppen. Dann Parteipresse. Habe über den sozialistischen Wettbewerb im VEB Elektromechanik Kaulsdorf berichtet. Sie, Herr Eppelmann, haben versäumt, mich dafür kielzuholen; das haben Sie nun davon. – Das heißt, Sie haben es nicht: Statt Ihrer bin nämlich ich, so schreibt mir das bayerische Münzkontor Göde, „bevorrechtigt, die Gedenkprägung ,10 Jahre Mauerfall in Gold‘ zu erhalten“, für 10 Mark. Ich sei „persönlich ausgewählt“ worden, heißt es. Bestimmt gibt es bei der Firma Göde eine „Wahrheitskommission“, vor der sich Lebensläufe, Tonbandmitschnitte und Kaderakten türmen: „Ach, der ist doof, der war schon immer dagegen. Wir ehren lieber die Erfüllungsgehilfen.“

 Sicherlich wollen Sie, Herr Templin, wissen, um welche Beträge es geht: Auf der Münze befindet sich eine stilisierte Darstellung „10 Jahre Mauerfall“, die man auch untertiteln könnte: „1.000 Trabant 601 Deluxe verlassen unter stürmischem Applaus die Werkhallen des VEB Sachsenring Zwickau“. Umseitig sehen wir (natürlich nicht Sie, Frau Lengsfeld, sondern nur ich und, äh, Egon Krenz) das, was wir Bonzen früher „Hammer und Sichel (sic!) im Ährenkranz“ nannten. Wunderbar. „Nur massives, strahlendes Gold erschien mir angemessen, um diesen exklusiven Zeitzeugen zu prägen“, schreibt Herr Göde. Mit „Zeitzeugen“ meint er natürlich nicht Jens Reich, sondern sich, mich, den Mauerfall bzw. diese „meisterhafte Prägung mit möglichem künftigen Wertzuwachs“. Gold vermehrt sich. Irgendwann könnte ich damit eine Mauer bauen, die dann wirklich 100 Jahre hält. Und Sie, Herr Gauck, sollten etwas dagegen tun. Holen Sie sich das Ding, bevor ich die Kontrolle darüber verliere. Meine geheime Registriernummer lautet „R3K1A-4582“. Unsere letzte Chance. André Mielke