Querspalte

■ Der letzte Tanz ist nur für dich

Wenn jemand aus dem zweiten Stockwerk huppt, um sich zu entleiben, dann muss er sehr, sehr verzweifelt sein. Die Seelenpein muss derart pressieren, dass sie es dem Probanden nicht gestattet, mit dem Aufzug noch ein wenig Sicherheitsabstand zwischen sich und den Erdboden zu bringen. Wenn es ihm dann trotzdem gelingt, seinen allerletzten Willen furios zu vollenden, dann mag man eigentlich nicht nur von Tragik sprechen. Rex Gildo hat verdammtes Glück gehabt. Es sah jedenfalls so aus, als sei ihm im Winter seiner Karriere wenigstens noch einmal etwas gelungen wie weiland „Der letzte Sirtaki“. Das hätte man so stehen lassen können, und man hätten einen, der zuletzt nur noch Maske in Öl war, als Menschen verabschiedet.

 Doch dann war aus der Bunten zu erfahren, er habe beim Auftritt in Bad Vilbel, sieben Stunden vor dem Sprung, nicht mehr gewusst, wo er sich befand. Das ist auch Bob Dylan schon passiert. Weiter lässt des Künstlers Lebensgefährte mitteilen, Rex habe Texte vergessen. Hat nicht jeder denkende Mensch dem Sänger genau das schon immer gewünscht? – Angesichts dieser Texte. Rex habe sich mit Filzstiften geschminkt. Konnte er damit lächerlicher, hohlraumkonservierter wirken als mit dem ekligen Bühnenwichs, in dem er sich jeden Abend suhlte? Rex habe mit seinem verstorbenen Bruder telefonieren wollen.

 Na und? Hatte er etwa ein Freizeichen? Na also. Nun meldet Bild, Rex und sein treuer Kamerad hätten sich unmittelbar vor dem Sprung innig gezankt. Die Staatsanwaltschaft München will den Fall noch einmal aufrollen. Sie wird zweifelsohne herausfinden, dass jemand, der aus dem zweiten Stock huppt, nur um Liebe bettelt oder denkt, er befände sich gerade auf der Bühne des Kulturpalastes Bad Vilbel. Und am Ende wird wieder eine Tragödie daraus. Rex Gildo hat Pech gehabt. Schade. André Mielke