Allein unter Frauen – das war doch zu hart

■ Deutschlands einziger männlicher Frauenbeauftragter bei einem Arbeitsamt hat aufgegeben: Die Zusammenarbeit mit anderen weiblichen Frauenbeauftragten in der Stadt war zu schwierig

Heilbronn/Berlin (taz) – Es herrscht wieder Frieden in Heilbronn. Der Geschlechterkrieg, der über ein Jahr lang in der schwäbischen Stadt tobte, ist zu Ende: Die Frauenbeauftragte des Arbeitsamts ist endlich eine Frau, Deutschlands einziger Mann in dieser Position hat seine Kapitulation erklärt.

Markus Schmelcher (33) wollte nicht länger kämpfen, warf „die Flinte in die Körnerinnen“ (Tagesspiegel) und räumte seinen Sessel für eine weibliche Kollegin, die heute ihren Dienst antritt. Damit ist ein Kampf vorbei, der im Mai vergangenen Jahres begann, als Schmelcher überraschend zwei Mitbewerberinnen ausstach und erster Frauenbeauftragter des Heilbronner Arbeitsamts wurde. Das sorgte bundesweit für Aufsehen, weil es bis dahin noch nicht vorgekommen war, dass ein Mann mit der Aufgabe betraut wurde, Job suchende Frauen zu beraten und sich bei den Unternehmen der Region für ihre Interessen einzusetzen.

Voller Elan ging Schmelcher ans Werk, schlug alle Warnungen in den Wind, nahm das Skandal!- und Provokation!-Geschrei nicht ernst und setzte auf seine ausgefeilten Konzepte, deretwegen er gewählt wurde. Das Argument, um Frauen sollten sich Frauen kümmern, störte ihn wenig, schließlich setzten sich „auch Nichtbehinderte für Behinderte“ ein. Doch nun gibt er seinen Posten auf und schafft wieder als normaler, „geschlechtsneutraler“ Arbeitsberater. Warum?

„Ich bin ganz freiwillig gegangen“, beteuert der Geschlagene tapfer und weist Spekulationen zurück, er habe allein auf weiter Flur gestanden: „Im Arbeitsamt selbst gab es keinen Widerstand.“ Auch die Job suchenden Frauen hätten keine Probleme mit ihm als Mann gehabt: „Ich habe die Frauen gefragt, ob es ihnen etwas ausmacht, aber den meisten war es egal, von wem sie Hilfe bekommen.“

Waren es vielleicht intolerante schwäbische Unternehmer, die ihm den Job vergällten? Nein, auch bei seinen Kontakten mit der Wirtschaft gab es keine Schwierigkeiten, nur hier und da Verwunderung und „die eine oder andere flapsige Bemerkung“.

Nicht etwa die Machos in den Betrieben ließen ihn verzagen, sondern gemeine Zicken in den „Frauenverbänden“, die ihn geschnitten hätten. Immer wenn er gemeinsame Aktionen vorschlug, hieß es: „Viel zu tun“, „sind im Urlaub“ oder gar: Es lohne sich nicht, mit ihm zusammenzuarbeiten, weil er ohnehin nicht lange im Amt bleiben werde. Womit die ominösen „Frauenverbände“ Recht behielten – doch wer ihm so übel mitgespielt hat, das möchte Schmelcher „aus Rücksicht auf meine Nachfolgerin“ nicht verraten.

Wen er vor allem meint, ist indes bekannt: die alteingesessenen Frauenbeauftragten im Rathaus der Stadt Heilbronn, die von Anfang an gegen ihn waren. Eine der beiden Frauenbeauftragten, Silvia Payer, bestreitet zwar, persönlich etwas gegen Schmelcher zu haben, macht aber keinen Hehl daraus, dass sie seine Berufung weiterhin für eine „krasse Fehlentscheidung“ hält. Es sei generell falsch, Männern diese Position zu geben: „Das Ziel der Funktion einer Frauenbeauftragten ist, Frauen zu helfen, ihre Interessen selbst zu vertreten.“ Also sei es vollkommen widersinnig, wenn „ausgerechnet ein Mann“ diese Aufgabe übernähme. Die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt sei deshalb „unnötig schwierig“ gewesen.

Darüber kann sich Daniela Nowak nur wundern. Die Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats hat den schwäbischen Geschlechterkampf nur am Rande verfolgt, steht männlichen Frauenbeauftragten aber „grundsätzlich positiv“ gegenüber. Es sei zu begrüßen, wenn auch Männer umdenken und etwas für Frauen tun. Nur bei der individuellen Beratung im Arbeitsamt findet auch Payer Männer „nicht so günstig“.

Näher dran am Geschehen ist Andrea Rupp. Die Pressesprecherin des Heilbronner Arbeitsamts hat beobachtet, dass Schmelcher „nicht so effektiv arbeiten konnte wie eine Frau in dieser Position“. Eigentlich habe er nie eine echte Chance gehabt. „Die Zeit war noch nicht reif für ihn“, konstatiert Rupp, „und wenn sie einmal reif sein sollte, brauchen wir keine Frauenbeauftragten mehr.“

Bei der Lufthansa ist Mann da offenbar weiter: Um die Gleichstellung der Geschlechter kümmert sich bei Deutschlands größter Airline seit einiger Zeit ein gemischtes Duo – ein Mann und eine Frau. Wie es scheint, in aller Harmonie und ohne Luftkrieg. Lukas Wallraff