Die Fronten abbauen

■  Vor dem Champions-League-Spiel Hertha gegen Galatasaray Istanbul: Vereine, Senat und „Gangway“ wollen mit Kulturprogramm Gewaltprävention betreiben. Sorge bleibt, dass agressive deutsche und türkische Hools darauf pfeifen

Ein Fußballfest soll es nach dem Willen der Verantwortlichen werden – die für Dienstag angesetzte Champions-League-Begegnung von Hertha BSC Berlin und Galatasaray Istanbul in Berlin. Um die Imagepflege des Hauptstadt-Fußballs besorgt, stellten Verein, Senat und das Jugendprojekt Gangway gestern ein Kulturprogramm vor, das das deutsch-türkische Spiel begleiten soll.

Immerhin wird es eine Begegnung der besonderen Art: ein Heimspiel für beide Mannschaften in einer Stadt, in der 170.000 Türken leben. Und es wird ein Spiel, das besondere Sensibilität verlangt; insbesondere nach den Krawallen zwischen Ausländern und deutschen Fans bei Spielen des Regionalligisten Berliner FC.

Dass es in puncto Ausschreitungen konkrete Befürchtungen von offizieller Seite gebe, wies Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John gestern zurück. Bei der Berliner Polizei ist man sich, so ein Sprecher, „der besonderen Situation bewusst“ und will angemessen präsent sein. Da man bei der Polizei nicht ausschließt, dass mit der Mannschaft auch türkische Hooligans anreisen könnten, arbeitete man im Vorfeld mit den türkischen Behörden zusammen.

„Alle eigenen Sicherheitskräfte werden für das Spiel mobilisiert“, kündigte Hertha-Manager Dieter Hoeneß an. Zudem sei versucht worden, das Stadion durch Fanblock-Regelungen und die Bevorzugung von Dauerkarten-Besitzern zumindest paritätisch mit deutschen und türkischen Fans besetzen, erklärte Hoeneß. Ob dies im Vorverkauf auch gelungen ist, konnte er nicht sagen. Und: 10.000 Tickets für das Spiel stehen noch zum Verkauf.

So gab sich der Manager realistisch: Wir können Gewaltausbrüche nicht wirklich verhindern, aber doch Signale setzen. Dass Berlin mit diesem Spiel „ein Zeichen für Normalität setzt“, hofft auch John. Dabei solle die Aktion, die auch vom türkischen Konsulat unterstützt wird, helfen.

Vorgesehen ist etwa ein Empfang der türkischen Fußballmannschaft am Flughafen durch Vertreter von Hertha BSC, die Ausländerbeauftragte sowie Jugendliche deutscher und türkischer Herkunft. Auch ein Musikprogramm deutscher und türkischer Bands soll das Spiel begleiten. Und Gangway veranstaltet ab 10.45 Uhr ein Fußballspiel deutscher und türkischer Jugendlicher auf dem Sportplatz Westend am Spandauer Damm.

Ein Programmpunkt, der Jugendprojekten wie dem Treff- und Informations-Ort für türkische Mädchen konkret unterstützt, ist die Trikotversteigerung der beiden Mannschaften. Auch eine Spendenaktion für türkische Erdbebenopfer ist angedacht. Als Maßnahmen zur Gewaltprävention seien diese Aktionen nur indirekt zu sehen, meint John.

Und dass gewaltbereite Jugendliche „nicht die primäre Zielgruppe der Initiative“ seien, unterstreicht auch Kemal Özbasi, Sozialarbeiter vom Jugend-Projekt „Gangway“. An die komme man so nicht heran. Das Programm richte sich vor allem an jugendliche Migranten. „Es geht darum“, betont Özbasi, „die Fronten abzubauen“.

So gaben sich die Verantwortlichen gestern zweckoptimistisch, dass das Spiel in positivem Rahmen verlaufen werde. Und auch Entertainer Frank Zander erklärte am Freitag im Rahmen der Hertha-Pressekonferenz, er wolle seinen Beitrag zur Völkerverständigung auch gerne leisten. „Den eigens für den Verein geschriebenen Hertha-Song kann ich auch im Stadion auf Türkisch singen“, so Zander. Und Hoeneß ergänzte prompt: „Aber lieber nach dem Spiel.“ Christoph Rasch