Querspalte

■ Stiefvaterlandsverräter

 Als Deutscher hat man die verdammte Pflicht, für Deutschland zu brüllen: Beim Grand Prix de la Eurovision zum Beispiel oder beim Krieg. Und wenn Deutschland gegen die Türkei spielt. Zehntausende waren nach München gekommen, jene, denen wir zu ihrem türkischen beinahe noch unseren deutschen Pass geschenkt hätten. Gottlob wurden wir von Roland Koch rechtzeitig vor „doppelten Loyalitäten“ gewarnt. Ach, wenn es die wenigstens gegeben hätte im Olympiastadion! Dabei hatten die Türken eine faire Chance. Sie brauchten einfach nur „Deutschland! Deutschland!“ oder „Sieg! Sieg!“ zu schreien. Sogar Schweigen, innere Immigration hätten wir ihnen verziehen. Aber sie zogen es vor, zu Stiefvaterlandsverrätern zu werden. Innenminister Otto Schily, der vom Feeling her mehr so vom Hallen-Bridge kommt, reagierte verstört: „Dass die türkischen Zuschauer gepfiffen haben, wenn die Deutschen am Ball waren, finde ich nicht so gut. Sie sollten sich überlegen, ob das fair ist.“ Mit Okzident hat solch fieses Verhalten nichts zu tun. Es gab Kollaborateure unter uns. Trainer Uli Stielike meinte, „die Leute, die ihre Karten weiterverkauft haben, sollten sich schämen“. Diese „Deutschen“ gehören bestraft, am besten mit einem türkischen Pass, denn damit müssen sie demnächst durch die höllischen Relegationsspiele. Doppelpass-Experte Mehmet (!) Scholl meinte griffig: „Freundlichkeit hin, Gastfreundschaft her, so etwas darf nicht passieren.“ Mit den Worten der Jungen Union Berlin-Kreuzberg: Deutschland muss beim Fußball wieder erkennbar sein. André Mielke