Wenn es ein Attentat war, spitzt sich die Situation zu“

■ Zoran Djindjic, Chef der Demokratischen Partei und Führer der „Allianz für den Wandel“, zu dem mutmaßlichen Attentat

taz: Vuk Draškovic hatte einen mysteriösen Autounfall, den er als ein Attentat bezeichnet. Wird das Einfluss auf die politischen Ereignisse in Serbien haben?

Zoran Djindjic: Das glaube ich schon. Wenn das Regime nicht in kürzester Zeit die Fakten über den Unfall rausrückt, wird das den Glauben bestärken, dass es sich tatsächlich um ein politisches Attentat handeln könnte. Sie können sich vorstellen, was das in dieser zugespitzten Situation bedeuten würde. Wir haben ohnehin Hinweise, dass das Regime eine gezielte, brutale Aktion gegen die „Allianz für den Wandel“ vorbereitet, weil Miloševic zu dem Schluss gekommen ist, dass eine allgemeine Repression nicht mehr ausreicht.

Wenn es sich heraustellt, dass man Draškovic ermorden wollte, glauben sie, dass er sich dann den Massenkundgebungen anschließt?

Absolut. Wenn das so ist, hat Draškovic gar keine andere Möglichkeit, als seine Politik mit voller Kraft zu radikalisieren. Ich würde es zumindest nicht anders machen. Mit der SPO würde natürlich der Einfluss unserer Proteste steigen.

Sind sie enttäuscht, dass relativ wenige Bürger Serbiens gegen das Regime demonstrieren?

Nein. Es scheint, dass immer noch viele unser Konzept nicht verstehen. Wir wollen und können das Regime nicht über Nacht stürzen. Wir wollen den frustrierten, enttäuschten Menschen in Serbien wieder die Hoffnung einflößen, dass ein Wechsel möglich ist. Wir wollen Slobodan Miloševic entblößen. Wie wollen zeigen, dass er nichts anderes als ein skrupelloser Diktator ist, der über Leichen geht. Und deshalb ist es auch für uns sehr wichtig, dass der einflussreiche Sender Studio B objektiv über die Brutalität der Polizei gegenüber den friedlich protestierenden Bürgern berichtet.

Worin unterscheiden Sie sich von Draškovic?

Wir sind uns darüber einig, dass faire, demokratische Wahlen in Serbien ausgeschrieben werden müssen. Wir sind uns auch mehr oder weniger über die Wahlbedingungen einig. Doch im Gegensatz zu Herrn Draškovic vertritt die Allianz den Standpunkt, dass Miloševic' Regime niemals faire Wahlen ermöglichen würde. Nur unter dem gewaltigen Druck des Volkes, durch tägliche Demonstrationen, kann man dieses Regime zum Rücktritt zwingen und so die Bedingungen für die ersten wirklich freien und demokratischen Wahlen in Serbien schaffen.

Interview: Andrej Ivanji