Diktatoren das Fürchten gelehrt

■ Preise der „Right-Livelihood-Stiftung“ an Anti-Pinochet-Juristen sowie zwei Selbsthilfeorganisationen in Kuba und Amazonien

Eine Auszeichung auch dafür, das versucht zu haben, was andere von vornherein als Träumerei abgetan hatten

Stockholm (taz) – Der spanische Jurist Juan Garces, der das Auslieferungsverfahren gegen den chilenischen Ex-Diktator Pinochet aus Großbritannien betreibt, ist einer der Empfänger der „Alternativen Nobelpreise“, deren diesjährige Preisträger am Donnerstag in Stockholm bekannt gegeben wurden.

Die Jury der „Right Livelihood“-Stiftung begründet ihre Wahl damit, dass man seine „ausdauernden und unbeugsamen Bemühungen, die Immunität von General Pinochet aufzuheben“, würdigen wolle. Garces habe damit über den Fall Pinochet hinaus neue Maßstäbe gesetzt, was in der Zukunft die Möglichkeiten für eine gerichtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen durch Diktatoren in aller Welt angehen werde.

Die anderen beiden Preisträger des mit umgerechnet knapp einer halben Milllion Mark dotierten Preises sind die kubanische Landwirtschaftsorganisation „Grupo de Agricultura organica“ (GOA) und die kolumbianische Coama („Programm for the Consolidation of the Amazon Region“), eine Selbsthilfeorganisation der Amazonas-Indianer.

Unter anderem dafür, das versucht zu haben, was andere von vornherein als Träumerei abgetan hatten, will die Jury die kubanische GOA ehren. 1993, als die kubanische Landwirtschaft sich im Gefolge des Zusammenbruchs des Sowjetsystems in der schwersten Krise seit der Revolution befand und die seitens der USA initiierte Wirtschaftsblockade immer mehr Wirkung zeigte, habe die GOA auf eine ökologisch orientierte Landwirtschaft gesetzt. Und damit Erfolg gehabt.

Der plötzliche Ausfall von chemischen Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln und von künstlicher Düngung wurde nicht als vorübergehendes Übel, sondern als Chance gesehen und genutzt, die Landwirtschaft auf organischen Landbau umzustellen. Binnen vier Jahren habe man das ganze Land mit AusbilderInnen und einem Netz von Versuchsfarmen überzogen, welche in der Praxis demonstrierten, dass organischer Landbau funktioniere. 1999 habe die kubanische Regierung die Gruppe offiziell anerkannt und ihre Arbeit institutionalisiert, was ihr in Zukunft noch bessere Arbeitsmöglichkeiten einräume.

Für eine seit längerem schon seitens der kolumbianischen Regierung abgesegnete Arbeit wird die Coama geehrt, die seit Jahrzehnten für eine Zukunft der Amazonasindianer gekämpft hat. Die Coama ist ein organisatorisches Dach über eine ganze Reihe von Selbsthilfeorganisationen, welche sich um verschiedenste Aspekte des Lebens kümmern – vom Bildungswesen über Umweltproblemen bis zu Fragen der Bewahrung der kulturellen Identität und dem Kampf um Menschen- und Eigentumsrechte der indianischen Bevölkerung.

Das Arbeitsgebiet umfasst rund 250 indianische Siedlungsgebiete mit 22 verschiedenen Völkern im oberen Amazonas. Das laufende Arbeitsprogramm („Coama III“) verfolgt als Schwerpunkte die Entwicklung eines stammesübergreifenden Selbstverwaltungssystems und eine Ausweitung des jetzt 20 Millionen Hektar großen „Indianischen Kollektivterritoriums“ auf ein grenzüberschreitendes 50 Millionen Hektar großes Gebiet mit Brasilien und Venezuela.

Gegründet wurde die „Right Livelihood“- Stiftung 1980 von dem deutschstämmigen Schweden Jakob von Uexkull mit dem Geld aus der Briefmarkensamlung der Familie. In ihrer Jury sitzt u. a. die deutsche Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn.

Reinhard Wolff