Wissenswertes für Residenten

■  Seit einem Monat hat Mallorca eine zweite deutschsprachige Zeitung. Der „Palma Kurier“ berücksichtigt sogar spanische Politik und auf einer ganzen Seite Weltgeschehen

Madrid (taz) – Eines weist Thomas Hirsch weit von sich: „Wir machen keine Urlauberzeitung“, bekräftigt der Chefredakteur des einen Monat alten Palma Kuriers. Nein, was die 25-köpfige Crew in Palma de Mallorca Woche für Woche produziert, sei eine „ganz normale spanische Regionalzeitung“. Nur einen, wenn auch nicht unerheblichen Unterschied räumt Hirsch ein: „Wir veröffentlichen auf Deutsch.“

Die 20.000 Exemplare der im Berliner Format erscheinenden Publikation sollen unter den 35.000 auf den Balearen mehr oder weniger fest lebenden Deutschen – die Residenten, wie sie im Inseljargon heißen – vertrieben werden. „Wir wollen sie umfangreich lokal, regional und spanienweit informieren“, sagt Hirsch. Ein Konzept, mit dem Palma Kurier-Verleger Timm Esser, der einst bei Springer arbeitete, in Deutschland bei Verlegern, deren Namen er nicht nennen will, erfolgreich das Startkapital eintrieb.

Esser hat sich auf keinen leichten Markt gewagt. Mallorca und die Balearen sind seit 28 Jahren, was die deutsche Sprache angeht, publizistisch bisher fest in der Hand des Mallorca Magazins. 35.000 Exemplare vertreibt „das Serviceblatt für Besucher und Residenten“, das von einem ehemaligen Dienstchef der Welt, Wolfram Seifert, geprägt wurde, am Kiosk. 7.000 weitere gehen an Abonnenten zu Hause im kalten Norden.

Als der Palma Kurier Ende Juli mit der ersten Nullnummer auf den Markt kam, zeigte sich der jetzige Chefredakteur des Mallorca Magazins, Bernd Jogalla, selbstsicher. „Jedes Jahr werden hier irgendwelche Zeitungen gegründet und verschwinden dann wieder.“ Mittlerweile ist der Mann, der vom Offenburger Tageblatt ins Urlaubsparadies wechselte, schon vorsichtiger: „ Ich will nicht ausschließen, dass hier zwei Zeitungen überleben können.“

Auflagenschwund will Jogalla noch keinen verzeichnet haben. Ein zaghafte Neugestaltung und die verstärkte politische Berichterstattung des alt eingesessenen Blattes löst beim Palma Kurier dennoch Lächeln aus. Zwar ist das Mallorca Magazin unumstrittener Marktführer bei privaten Annoncen und Kleinanzeigen, doch eroberte sich der Palma Kurier einen neuen Markt, darunter die Imageanzeigen großer Marken und Fluggesellschaften. Sie schließen das Wochenblatt mittlerweile in ihre generellen Werbekampagnen mit ein.

Das Erfolgsrezept: Im Unterschied zum Mallorca Magazin, das als Werbeblättchen entstand und bis heute über jede Kneipenöffnung und jeden Prominentenklatsch und -tratsch berichtet, schreibt der Palma Kurier auch über Spaniens Politik und Wirtschaft. Auf einer internationalen Seite werden meist von renommierten Korrespondenten deutscher Tageszeitungen die wichtigsten Themen der Weltpolitik abgehandelt. „Dabei versuchen wir immer speziell spanische Gesichtspunkte mit einzuarbeiten“, sagt Chefredakteur Hirsch.

Diese Regel endet freilich dort, wo es um die ureigensten Interessen der Residenten geht. So fordert das Blatt schon mal mehr Golfplätze, auch wenn das Trinkwasser auf den Inseln immer knapper wird; oder es titelte „Deutsche Geldanleger tappen in Steuerfalle“, auch wenn im Text lediglich von Residenten die Rede ist, die für ihr – in nicht ganz lauterer Absicht – auf spanischen Konten angelegtes Geld jetzt plötzlich wie zu Hause auch Quellensteuer bezahlen müssen. Reiner Wandler