■ Kuba setzt auf Prävention und Aufklärung

Im Februar 1986 wurde in Kuba der erste HIV-Fall diagnostiziert. Drei Jahre zuvor hatte das kubanische Gesundheitsministerium bereits damit begonnen, Infektionsrisiken zu minimieren. Zusätzliche Laboratorien an den Blutbanken des Landes wurden eingerichtet, der Import von Medikamenten, die auf Blutbasis hergestellt werden, wurde gedrosselt. Für Mediziner ist die Fortbildung in Sachen Aids seitdem obligatorisch.

Prävention und konsequente Aufklärung, zentrale Eckpfeiler der kubanischen Gesundheitspolitik, haben die Zahl der HIV-Infektionen auf einem niedrigen Niveau gehalten. Insgesamt 2.146 HIV-Infizierte haben die kubanischen Behörden bis zum Jahrsanfang den internationalen Organisationen, wie die Aids-Organisation der Vereinten Nationen UNAIDS, gemeldet. 808 von den Infizierten sind den offiziellen kubanischen Zahlen zufolge an Aids erkrankt, und bis Januar dieses Jahres hatte Kuba 577 Aidstote zu beklagen. 1998 war eine geringe Abnahme im Vergleich zum Vorjahr festzustellen. 28,5 Infektionsfälle pro Million Einwohner wurden im letzten Jahr registriert gegenüber 32,9 im Vorjahr. Zu 98 Prozent wird HIV in Kuba über Sex übertragen. Die Zahl der Infektionen über Blutkonserven und die Übertragung von der Mutter aufs Kind ist sehr gering. Derzeit gibt es zehn registrierte Fälle der Übertragung über Blutkonserven und sechs Fälle der Transmission von der Mutter zum Kind. 1998 wurden auf der Karibikinsel rund 300 Neuinfektionen registriert. Damit verzeichnet Kuba weitaus weniger Infektionen als seine Nachbarländer.

Dies ist vorrangig auf das funktionierende Präventionssystem zurückzuführen, bestätigen Spezialisten wie Peter Piot, Direktor von UNAIDS, und nicht auf die Kasernierung der HIV-Positiven in speziellen Sanatorien. Diese Praxis hatte den kubanischen Verantwortlichen Anfang der neunziger Jahre heftige internationale Kritik eingebracht. Mittlerweile entscheiden die Patienten, ob sie ambulant oder stationär auf ein Leben mit der Krankheit vorbereitet bzw. behandelt werden. Ein Ansatz, der laut Piot eventuell auch in anderen Staaten der Region kopiert werden könnte.

Doch Prävention und konsequente Aufklärung über die Infektionsrisiken ist nur die eine Seite der Medaille, denn die Kubaner sind auch in der Aidsforschung aktiv. 1992 wurde in Kuba das Forschungsprojekt „Impfstoff gegen Aids“ aus der Taufe gehoben. Der Anstoß für das prestigeträchtige Projekt kam angeblich direkt vom Staatspräsidenten Fidel Castro, der bereits zu Beginn der achtziger Jahre den Aufbau eines biotechnologischen Instituts angeordnet hatte, um die kubanische Wirtschaft konkurrenzfähig zu machen. Neue Exportprodukte, wie der Meningitis-Impfstoff, sollen Kubas traditionelle Abhängigkeit vom Zucker mindern helfen. Gleiches könnte auch für den Aids-Impfstoff gelten, der seit zwei Jahren getestet wird. Mindestens sechs Jahre wird es allerdings noch dauern, bis das Serum alle international verbindlichen Testreihen durchlaufen hat. Knut Henkel