Konsequent kotzen

■ Am Sonntagabend startet endlich „South Park“ (RTL, 23.15 Uhr)

Erinnern Sie sich noch? An ihren inkontinenten Banknachbarn von früher? Dritte Klasse? Warum konnte der nie aufhören zu furzen? Und ihr kleiner Bruder: ist ihnen der auch immer hinterhergelaufen, wollte mit zur Schule und war auch sonst unerträglich nervenzerfressend? Hatten sie auch gerne mal einen mittleren Kreislaufkollaps, wenn sie plötzlich und unerwartet ihrer geheimen Pausenhofliebe begegnet sind? Die Zeiten sind vorbei, zum Glück. Doch am Sonntag kehren sie wieder. Um 23.15 Uhr auf RTL startet die komische amerikanische Zeichentrickserie „South Park“, und die Schrecken der Vergangenheit werden jede Woche wieder real.

„Southpark“ erzählt die Erlebnisse der vier amerikanischen Grundschüler Cartman, Kenny, Kyle und Stan. Zeichnerisch sind die Geschichten (höflich gesprochen) sehr einfach gehalten, und auch die Ausgangssituation ist simpel: der Schulalltag und die Widrigkeiten der nachmittäglichen Freizeitgestaltung. Doch was den „Southpark“-Helden geschieht und wie sie damit umgehen, ist durchweg drastisch: Kyles kleiner Bruder nervt? Dann wird der Säugling eben mit einem gezielten Kick auf die andere Straßenseite befördert. Stan ist in Wendy Testaburger verknallt? Also kotzt er ihr konsequent bei jeder Begegnung ins Gesicht. Und Cartman, der notorische Furzer, hat in der ersten Folge von Außerirdischen eine Analsonde implantiert bekommen – und furzt deshalb Feuerstöße, von welchen das ganze Klassenzimmer erzittert.

Solche Fäkalscherze muss man schon mögen wollen. In Amerika jedenfalls ist die Sendung sehr erfolgreich: der Kleinsender Comedy Central, welcher „South Park“ produziert, konnte seine Zuschauerzahlen seit der Erstausstrahlung 1997 um zehn Millionen erhöhen, das Merchandising-Geschäft boomt, der „South Park“-Kinofilm hat bereits 52 Millionen Dollar eingespielt. Wer in einer Internet-Suchmaschine den Titel der Sendung einspeist, wird mit Hunderten von Verweisen auf Fan-Homepages überflutet.

Der Erfolg von „South Park“ dürfte auch mit dem stets wiederkehrenden Arsenal an Nebenfiguren und Running Gags zusammenhängen: In nahezu jeder Folge stirbt Kenny einen grausamen Tod. Der schwarze Chefkoch der Schulcafeteria gibt regelmäßig pornographische Rhythm-and-Blues-Songs zum Besten. Mister Garrison, der Lehrer, hat eine gespaltene Persönlichkeit und spricht durch seine Handpuppe „Mister Zylinder“ zu den Schülern.

Was „South Park“ jedoch – als einzige Zeichentrickserie neben den „Simpsons“ (Pro7) und vielleicht dem RTL2-Privatdetektiv „Duckman“ – auszeichnet, ist die Lebensnähe der Charaktere. Die sind, ganz wie im richtigen Leben, meist angewidert von den gerade vorherrschenden Lebensumständen und lassen diesem Gefühl freien Lauf. Am Ende der ersten Folge wirkt Cartman irritiert, geradezu entnervt: „Wieso dreht sich eigentlich alles um Sachen, die entweder in meinen Arsch oder aus meinem Arsch gekrochen kommen?“ Und das haben wir uns doch in finsteren Stunden schließlich alle schon mal gefragt. kuz