Gen-tech controlled in Bremen

■ Marktführer für Gen-Analysen in Europa sitzt in Bremen / Mit Tiernachweisen fing alles an

Auch wenn Gen-Food meist aus Amerika stammt – Gen-Veränderungen dagegen werden häufig in Bremen nachgewiesen. Die Firma Hanse-Analytik an der Bremer Uni kontrolliert zusammen mit der Gene-Scan Europe AG europaweit rund 75 Prozent der Gen-Analysen. Auch die Lebensmittelüberwachung für Deutschland und Österreich wird hier in Theorie und Praxis geschult.

Lange galt Süddeutschland als Zentrum der Biotechnik. „Die Szene in Deutschland ist in München“, bestätigt Manfred Müller von Hanse-Analytik. Trotzdem hat sich an der Weser ein High-Tech-Laden formiert. Zur richtigen Zeit hätten sich an der Bremer Uni die richtigen Leute getroffen. Mittlerweile ist man europaweit führend – und bald soll es „überall auf der Welt“ Labors geben. Auch in Amerika sind die Bremer eine ernstzunehmende Konkurrenz. Im Gegensatz zu den USA sei man hier „bedeutend schneller und technisch viel weiter gewesen“.

Mit 22 Mitarbeitern werden im unabhängigen Institut derzeit die Gen-Checks durchgeführt. Europaweit kooperieren die Bremer seit einem Jahr mit drei weiteren Firmen in der Gene-Scan Europe AG – um sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen. Die Analyse von gentechnisch veränderten Organismen (kurz: GVO) geht fix: Je nach Preis ist die Analyse innerhalb von acht Stunden oder in zwei Tagen fertig. Gesucht wird dann nach einer für den Organismus typischen, veränderten Sequenz. Beim Screening checkt man auf alle in der EU zugelassenen veränderten Pflanzen.

Vor allem Rohstoffe werden hier gecheckt. Auftraggeber sind Hersteller, die wissen wollen, ob ihr Import genverändert ist oder nicht. „Die brauchen Sicherheit“, sagt der Lebensmittelchemiker Frank Göllner. Nach den Laboruntersuchungen erhält der Hersteller ein Zertifikat, auf dem alle Genom-Veränderungen eingetragen werden. Sind Inhaltsstoffe genverändert, muss das auf den Produkten deklariert werden.

Angefangen hat man bei der Hanse-Analytik vor fünf Jahren – als es Gen-Tests noch gar nicht gab. Damals hat man sich auf Tierart-Identifikation in Lebensmitteln konzentriert: War in der Thunfisch- Dose noch anderer Fisch als deklariert wurde? Oder steckte im Geflügel-Salat nicht nur Pute sondern auch noch Hähnchen? Solche Untersuchungen sind längst nicht mehr „Hauptschauplatz“ bei Hanse-Analytik. Aber noch immer haben diese Analysen im Unternehmen „historisch ihren Platz“, sagt Frank Göllner.

Analysen auf GVOs werden dagegen zunehmend wichtiger: Die Anzahl der gentechnisch veränderten Produkte ist gewaltig gestiegen, weiß Manfred Müller. Außerdem verlangen immer mehr Länder die Kennzeichnungspflicht. „Ohne unsere Hilfe“, sagt Müller, wüssten die Verbraucher nichts.

Derzeit versucht man hier die Analyse-Methoden zu vereinfachen. Die Zukunft gehört offenbar dem „Bio-Chip“. Auf einer kleinen Glas-Platte sind winzige DNA-Stücke aufgedruckt, mit denen die Gen-Nachweise durchgeführt werden können: An die Pünktchen sollen sich nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip komplementäre DNA-Stückchen anhängen.

Derzeit läuft dieser Vorgang noch in drei verschiedenen Schritten ab: Ein Labor isoliert die DNA, dann wird im PCR-Verfahren die gesuchte typische Sequenz vervielfältigt. Die im letzten Schritt schließlich „detektiert“ wird: Auf einer Gelplatte wandern die veränderte Sequenzen im elektrischen Feld unterschiedlich schnell zum Pluspol. Erhält man am Ende ein Signal, war die gesuchte genveränderte Sequenz vorhanden.

Die Hanse-Leute testen nicht nur Rohstoffe, sondern auch Fertigprodukte auf Gen-Veränderungen. Der britischen Sender BBC ließ zum Beispiel im Frühjahr eine Pizza hier testen. Der GVO-Test war eindeutig positiv. Die Pizza soll mittlerweile aus den Regalen im England verschwunden sein. „Manchmal sieht man hier auch Produkte, die man selber isst“, erzählt Göllner. Aber im Grunde interessiert ihn das Ergebnis nicht. Angst vor Gen-Food hat der Lebensmittelchemiker nicht: „Wir haben das bestimmt alles schon gegessen.“ pipe