Hisbullah-Kommandant in den Tod gebombt

Abu Hassan stand ganz oben auf Israels Fahndungsliste. Die libanesische Schiitenmiliz schwört Rache und nimmt israelische Soldaten unter Beschuss. Auch die Regierung in Beirut verurteilt den Mord  ■   Von Karim El-Gawhary

Kairo (taz) – Die Antwort der Hisbullah auf die Ermordung eines ihrer militärischen Kader im Südlibanon am Montag Nachmittag kam prompt. Gestern Morgen lieferten sich Einheiten der Schiitenmiliz und der israelischen Armee ein zweistündiges Feuergefecht. Ein israelischer Soldat kam dabei ums Leben, drei weitere wurden verletzt.

Wenige Stunden zuvor war das Auto von Ali Hassan Dib in der Nähe der südlibanesischen Stadt Sidon in die Luft gejagt worden. Dib, auch bekannt als Abu Hassan, galt als einer der führenden militärischen Köpfe der Hisbullah, die seit 1982 gegen die israelische Besatzung des Südlibanon kämpft. Nach der gleichzeitigen Explosion zweier am Straßenrand gelegter Sprengsätze flog der BMW des 42-Jährigen laut Augenzeugenberichten etwa 20 Meter durch die Luft. Abu Hassan war sofort tot. Die libanesische Armee sperrte den Ort des Geschehens anschließend weiträumig ab.

Abu Hassan soll für militärische Sonderoperationen im Südlibanon verantwortlich gewesen sein und damit für zahlreiche Angriffe auf israelische Soldaten und deren Hilfsmiliz, die Südlibanesische Armee. Laut der israelischen Zeitung Haarez war er ebenfalls für Kontakte zwischen der Hisbullah und palästinensischen Gruppen, die den Nahost-Friedensprozess ablehnen, zuständig.

Obwohl Israel zu dem Attentat bisher keine Stellung genommen hat, bestehen für die Hisbullah und die meisten Libanesen kaum Zweifel, dass ein israelisches Kommando die Bombe gelegt hat, zumal das israelische Fernsehen im Anschluss an den Anschlag berichtete, Abu Hassan habe „ganz oben auf der Fahndungsliste“ gestanden.

Scheich Nabil Kauk, Oberbefehlshaber der Hisbullah im Südlibanon, erklärte nach dem Attentat den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak zum „obersten Terroristen“, dessen „krimineller Akt“ nicht ungesühnt bleiben werde. „Der Feind wird diese Aktion bereuen“, fuhr der Scheich fort. Der libanesische Ministerpräsident Salim Hoss warf ebenfalls Israel vor, für den „verräterischen Akt“ verantwortlich zu sein. Abu Hassan sei „ein großartiger Kämpfer“ gewesen, zitierte das staatliche Beiruter Radio den Regierungschef.

Anwohner wollen zum Zeitpunkt des Anschlages israelische Drohnen über dem Ort des Geschehen gesehen haben. Solche unbemannten Flugkörper wurden bereits bei anderen Mordanschlägen verwendet, um den Sprengkörper zur richtigen Zeit per Fernbedienung auszulösen.

Abu Hassan war zuvor bereits mehreren Anschlägen entkommen. Während der Operation „Früchte des Zorns“ im April 1996 hatten israelische Kampfhubschrauber Abu Hassans Auto mit Raketen beschossen. Der Hisbullah-Kommandant saß allerdings nicht im Fahrzeug, stattdessen wurden ein Verwandter und eine Frau getötet.

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