Kein Minderheiten-Schutz für Roma

■ Weil sie keine Papiere haben, werden Roma-Flüchtlinge aus dem Kosovo in Deutschland nur geduldet. Das ist ein Abschiebungsgrund

„Wir hängen total in der Luft“, sagt eine 23jährige Romni aus dem Kosovo, die derzeit in Köln lebt: „In Jugoslawien waren wir die Prügelknaben, in Deutschland werden wir als verfolgte Minderheit nicht anerkannt.“ Die Zahl der nach dem Nato-Bombardement und den Übergriffen durch Albaner nach Deutschland geflohenen Kosovo-Roma beziffern Roma-Verbände derzeit auf rund 5.000. „Etwa halb so viele, wie Makedonien aufgenommen hat“, rechnet Rajko Djuric, Vorsitzender der Romani Union in Berlin, vor.

„Eine realistische Schätzung“, findet John-Martin Winter, Mitarbeiter der Berliner UNHCR-Zentrale. Die während des Krieges vom UNHCR eingerichtete Telefonberatung für albanische Kosovo-Flüchtlinge nähmen zunehmend Roma in Anspruch. An an eine schnelle Rückkehrmöglichkeit glaubt Winter nicht: „Die sind dort ernsthaft bedroht.“ Es gebe keine Institution, die Roma im Kosovo wirklich schützen könne, findet auch Djuric.

Während nun in Köln rund 50 Roma auf einem als Flüchtlingsheim genutzten Schiff untergekommen sind, sind etwa in Berliner Heimen keine Roma aus dem Kosovo registriert. Anlaufstellen der Flüchtlinge sind zunächst ihre in Deutschland lebenden Verwandten, vor allem in Bayern und in Nordrhein-Westfalen.

Die deutschen Beamten würden auf die ethnische Zugehörigekeit der Roma zumeist keine Rücksicht nehmen, beklagt Anna Dal Molin vom Rom e. V. in Köln. So würden „parteiische serbische Dolmetscher“ eingesetzt und die Flüchtlinge „erkennungsdienstlich behandelt“. Oft schlage ihnen auch „offen rassistisches Verhalten“ entgegen. „Für die sind einfach alle Verbrecher“, so die Sozialarbeiterin. Und die typische Frage auf deutschen Ausländerbehörden laute: „Warum kommt ihr, im Kosovo ist doch kein Krieg mehr?“

Doch das eigentliche Problem ist der offizielle Status der Flüchtlinge: Viele kommen illegal und ohne gültige Dokumente. Doch anders als etwa in Italien, wo Tausende von geflohenen Kosovo-Roma auf ihre Abschiebung warten, werden sie in der Bundesrepublik zumindest geduldet. Schließlich fehlen derzeit die „technischen Möglichkeiten“ für eine Rückführung, wie etwa direkte Flugverbindungen. „Die Duldung bedeutet jedoch, dass die jugoslawischen Behörden ihnen die Ausstellung neuer Papiere verwehren können“, berichtet Dal Molin.

Nach der Schließung der Vertretungen in Bonn und Berlin ist das Jugoslawische Generalkonsulat in Hamburg die einzige Anlaufstelle für gültige Papiere. Doch: „Roma, die in Deutschland im Asylverfahren sind“, erklärt Konsul Miroljub Milanovic, „bekommen von uns grundsätzlich keine Reisedokumente.“

Wegen des Embargos liege das Rückführungsabkommen mit Deutschland auf Eis. „Wir könnten sie also gar nicht zurückkehren lassen“, so Milanovic. Ohne Papiere nur eine befristete Duldung – und mit der gibt es keine neuen Papiere: ein Teufelskreis, der doch in einer Rückführung der Roma ins Kosovo enden könnte. Sozialarbeiterin Dal Molin argwöhnt, dass „sobald die Flugverbindungen funktionieren und es wieder einen Linienverkehr nach Priština gibt, auch wieder dorthin abgeschoben wird“. Christoph Rasch