Die Vorzeigefrau

Wenn Nkosazana Dlamini-Zuma vor laufender Kamera Stellung beziehen muss zum Krieg im Kongo, zum Aufstand in Namibia, zur Rolle Südafrikas in einer künftigen afrikanischen Friedenstruppe, dann zittert ihr mitunter noch die Stimme. Dabei ist Südafrikas neue Außenministerin wahrlich nicht auf den Mund gefallen. Dass Nelson Mandelas Nachfolger Thabo Mbeki sie auf einen der wichtigsten Kabinettsposten gesetzt hat, war dennoch für viele ANC-Mitglieder eine Überraschung – und auch für sie selbst. Zweifellos ist sie damit zur mächtigsten Frau in der Partei und in der südafrikanischen Politik aufgestiegen.

Dennoch wird sich erst zeigen müssen, ob sie es schafft, sich die Außenpolitik nicht von Mbeki als Chefsache aus der Hand nehmen zu lassen – so wie es ihrem Vorgänger Alfred Nzo erging. Dlamini-Zuma aber könnte dickköpfig genug sein, um sich wenigstens teilweise durchzusetzen. Zudem ist sie eine von Mbekis engsten Vertrauten. Die 50-jährige Ärztin bringt alles mit, was dieser schätzt: Sie ist ehemalige Freiheitskämpferin des ANC, war im Exil, arbeitet besessen – und ist eine schwarze Frau.

Als Gesundheitsministerin in Mandelas Kabinett allerdings war Nkosazana Dlamini-Zuma höchst umstritten. Ihre größte Leistung ist wohl, ungeachtet der Proteststürme von Weißen eine Reform des Gesundheitswesens in die Wege geleitet zu haben – zugunsten der schwarzen Frauen und Kinder. Dlamini-Zuma, die selbst als eines von acht Kindern im bettelarmen Natal aufwuchs, ist eine der Politikerinnen in Südafrika, die stets auch die Frauenfrage im Auge hat: „Wir brauchen die Frauenquote von 30 Prozent, die der ANC als einzige Partei eingeführt hat.“

Die ehemalige Ehefrau des heutigen Vizepräsidenten Jacob Zuma ist von bemerkenswerter Sturheit und scheut sich auch nicht, unbequeme Themen anzusprechen. Der missionarischen Nichtraucherin ist es zu verdanken, dass Südafrika heute die schärfsten Tabakgesetze der Welt hat, und sie hat es auch gewagt, sich mit der mächtigen pharmazeutischen Industrie in den USA anzulegen.

Im Skandal um das auch mit EU-Mitteln geförderte Musical „Sarafina II“ zur Aids-Aufklärung aber weigerte Dlamini-Zuma sich, die Verantwortung fürveruntreute Gelder und Fehlentscheidungen in ihrer Verwaltung zu übernehmen. Statt Fehler einzugestehen oder gar den Rücktritt einzureichen, gab die Ministerin ihren engsten Vertrauten die Schuld – und entledigte sich ihrer.

Wenn sie kritisiert wird, verliert Zuma leicht die Kontrolle. Kritik betrachtet sie als Verrat an ihrem Lebenswerk, der Verbesserung der Lebensverhältnisse für Schwarze; kommt sie auch noch von Weißen, ist die Sache ohnehin klar: Rassismus.

Taktisches Geschick und diplomatisches Feingefühl gehen ihr ab – beides nicht ganz unwichtig als Außenministerin einer Regierung, die für sich eine Vorreiterrolle auf dem Kontinent beansprucht und gar von einer „Afrikanischen Renaissance“ träumt. Schwierige Friedensverhandlungen wie im Kongo-Krieg wird wohl auch künftig Mbeki selbst führen. Kordula Doerfler