Betucht an der Supermarktkasse

Nach scharfer Kritik des Arbeitsministers wollen dänische Supermärkte muslimischen Angestellten das Tragen von Kopftüchern erlauben. Auch die Staatsbahn will Mitarbeiterinnen künftig hauseigene Kopfbedeckungen anbieten  ■   Von Reinhard Wolff

Stockholm (taz) – „Das ist doch nicht nur schick, sondern auch hygienisch“, meldete sich der dänische Arbeitsminister Ove Hygum am vergangenen Wochenende zu Wort. Damit mischte sich der Minister in eine gerade ausgebrochene Debatte über Musliminnen ein, denen in bestimmten Branchen eine Anstellung verweigert wird, wenn sie sich weigern, das Kopftuch abzulegen. Hygum drohte sogleich mit einem juristischem Eingriff – „das ist klar ungesetzlich“ –, falls Frauen weiter wegen ihres Kopftuchs diskriminiert würden.

Die Intervention des Ministers löste sofort einen Sinneswandel bei einigen führenden Supermarktketten aus, die gemeint hatten, den KundInnen kopftuchtragende Angestellte an den Kassen und hinter den Verkaufsständen nicht zumuten zu können.

Am Montag gaben sowohl der dänische Aldi-Ableger als auch die Ladenketten FDB und „Magasin“ bekannt, man werde künftig den Angestellten das Kopftuchtragen während der Arbeitszeit gestatten. Vorher war das angeblich bei FDB „wegen interner Richtlinien zur Personalbekleidung“ nicht möglich gewesen. Man wolle, so deren Informationschefin „vermeiden, dass durch Äußerlichkeiten die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, auch religiösen, signalisiert wird“. Abwartend zeigte sich nur noch der „Dansk Supermarked“, der bekannt gab, man wolle erst noch das Ergebnis entsprechender Verhandlungen mit den Gewerkschaften abwarten.

Seit langem klagten dänische Arbeitsämter über die Probleme, muslimische kopftuchtragende Frauen zu vermitteln. Bei Gewerkschaften und dem „Ethnischen Gleichstellungsrat“ häufen sich die Beschwerden von Frauen, die mehr oder weniger offen wegen ihrer religiös motivierten Bekleidung diskriminiert werden.

Ulla Skaerved, Abteilungsleiterin der Arbeitsvermittlung für Groß-Kopenhagen: „Die Dänen haben eine etwas ängstliche Einstellung zu verschleierten Frauen. Wir schicken daher viele muslimische Frauen von vornherein nicht zu bestimmten Arbeitsgebern, wo wir sicher sein können, dass sie unter windigen Begründungen abgewiesen werden.“ Schleier tragende Frauen in Putzjobs zu vermitteln sei kein Problem. Sobald es aber um Kundenkontakt gehe, falle oft die Schranke herunter.

Diese Situation könnte der Vergangenheit angehören, sollten den jetzigen Ankündigungen großer Ladenketten tatsächlich Taten folgen. Neben Arbeitsminister Hygums Machtwort und der Drohung mit der juristischen Keule hatte eine 16-jährige Libanesin am plötzlichen Meinungsumschwung der Supermärkte entscheidenden Anteil. Die Geschichte von Maria Mawla, die mit ihren negativen Erfahrungen, als Kopftuchträgerin einen Verkäuferinnenjob zu bekommen – so will sie den Besuch eines privaten Gymnasiums finanzieren –, in die Öffentlichkeit gegangen war, machte in der vergangenen Woche in den Medien die Runde und setzte schnell mehr in Bewegung als jahrlange Klagen von Arbeitsämtern und Gewerkschaften.

Ähnliches hatte sich vor einigen Wochen auch in Schweden ereignet. Hier war eine Muslimin in die Öffentlichkeit gegangen, der die Modeladenkette „Lindex“ wegen des Kopftuchs eine Anstellung verweigert hatte. Begründung: Eine derartige Bekleidung passe nicht zum Image der von „Lindex“ angebotenen Mode. Es bedurfte einiger öffentlicher Proteste und Boykottdrohungen, bis man sich auch bei dieser Ladenkette schnell eines Besseres besann.

Rücksicht darauf, dass immer mehr Angestellte einen nichtdänischen ethnischen Hintergrund haben, nimmt man auch bei den Eisenbahnen. Die Dänischen Staatsbahnen (DSB) haben im Juni die Einführung eines neuen Designprogramms für ihre Bediensteten gestartet, das auch ein amtliches DSB-Kopftuch umfasst, welches den weiblichen muslimischen Angestellten angeboten werden soll.