Prozess gegen Rote Khmer rückt in weite Ferne

■ Kambodschas Regierung verlängert die Untersuchungshaft für zwei berüchtigte Führer der Roten Khmer und verschiebt damit deren immer unwahrscheinlicher werdenden Prozess

Bangkok (taz) – Die Erinnerung an die Gräuel der Roten Khmer sind in Kambodscha noch frisch – doch die Hoffnung auf Gerechtigkeit hat jetzt einen neuen Dämpfer erhalten. Bürgerrechtler in Phnom Penh fürchten nun, dass der Prozess gegen den seit März inhaftierten Ex-Militärchef Ta Mok und den verhassten Leiter des ehemaligen Tuol-Sleng-Foltergefängnisses, Kaing Khek Iev alias „Deuch“, im Sande verlaufen könnte. Grund für die Sorge: Ein am Dienstag von der Regierung verabschiedetes Gesetz erlaubt es, die Untersuchungshaft in bestimmten Fällen von bislang sechs Monaten auf drei Jahre auszudehnen. Dies gilt künftig ausdrücklich bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord.

Damit erhoffen sich die Behörden nach eigenen Angaben mehr Zeit für die Vorbereitung des Verfahrens gegen Ta Mok, das ursprünglich spätestens im September beginnen sollte. Deuch, der lange Zeit unerkannt in Westkambodscha lebte, war erst im Mai aufgespürt und verhaftet worden. Beide sind derzeit als Einzige der Verantwortlichen für das Terrorregime von 1975 bis 1979 in Untersuchungshaft. Über eine Million Menschen starben damals unter den Roten Khmer. Viele ihrer damaligen Führer leben heute unbehelligt in Kambodscha.

Über den von kambodschanischen Menschenrechtlern und ausländischen Regierungen geforderten Völkermord-Prozess tobt seit Jahren ein heftiger Streit. Kambodschas Justiz gilt als notorisch unfähig, käuflich und parteiisch. Nachdem Premierminister Hun Sen ein von UNO-Juristen vorgeschlagenes internationales Tribunal abgelehnt hatte, einigte man sich auf einen Kompromiss: Die Roten Khmer sollen sich in Phnom Penh vor einheimischen Richtern verantworten, die von internationalen Juristen unterstützt werden. Allerdings sind die von der UNO versprochenen Rechtsexperten noch nicht eingetroffen.

Umstritten ist auch die Anklage: Soll es nur um die Verbrechen zwischen 1975 und 1979 gehen? Oder müssen sich auch die Regierungen zum Beispiel der USA und Chinas verantworten, die die Roten Khmer noch in den 80er Jahren unterstützten? Nur eines ist sicher: Ta Moks und Deuchs Beteiligung an Mord und Folter ist dokumentiert, da die Roten Khmer über ihre Taten Akten führten, die später gefunden wurden. Jutta Lietsch