Schwarze Sheriffs – zahme Schafe?

■ Ein Sicherheitsunternehmen voller Schleusen verrichtet auch ganz andere Dinge als nur auf's Geld aufzupassen: Es wird geputzt, gehausmeistert, gebaut und gedeeskaliert

Der Teppich ist blau, genauso die Türrahmen, nur ein bißchen anderer Blauton. Die Wände schneeweiß, ohne Bilder, ohne Schnörkel. In jedem Flur hängt eine Videokamera, alles ist überwacht, kein Winkel, der nicht auf den Bildschirmen erfaßt wird. Vor dem Bildschirm sitzt eine Frau, die zwölf Stunden zwölf Monitore parallel zu überwachen hat, nur per Gegensprechanlage Kontakt zu ihren Mitarbeitern. Steril und sicher.

Das ist das neue Bremer Gebäude der Firma Kötter, die gestern die Öffentlichkeit in ihre heiligen Hallen ließ. Ein Familienunternehmen mit 7.500 Mitarbeitern an 40 Standorten, 256 Millionen Jahresumsatz. Eigentlich eine Security-Mannschaft, aber mittlerweile machen sie einfach alles, was Geld bringt. Hinter dem Geschäftszweig „Cleaning“ verbergen sich Putzkolonnen, die wie ein Wirbelwind durch Bürogebäude fegen und wischen. Und „Facility Management“ bedeutet übersetzt: Hausmeistern, Bauen, Gartenpflegen – und Sichern. „Dienstleistung durch manpower“, ist die Unternehmensphilosophie laut Firmensprecher Frank Mertel, wie alle Angestellten seriös gekleidet, nicht modisch.

Sicherheit ist der Urgeschäftszweig. Geldtransporte insbesondere: vom Aldi zur Bank, von Bank zu Bank, von Bank zum Aldi und umgekehrt. Zum Laden von Geldautomaten werden drei Leute benötigt: Einer geht mit Hochsicherheitskoffer zum Objekt, einer sitzt abfahrbereit am Steuer des Wagens, ein dritter sichert in einem Begleitfahrzeug die Umgebung. Zwischengelagert werden die Millionen im Firmengebäude in Walle. Wenn die blauen Transporter einlaufen, schließen sich hinter ihnen die Tore automatisch. Durch eine Geldschleuse, über der ein Schild Notausgang hängt, werden die Scheine in den Zählraum gegeben. Über jedem Arbeitsplatz paßt eine Kamera mit Argusauge darauf auf, daß die flinken Finger der Zählerinnen nicht zu Langfingern werden. Sicherheit verpflichtet. Einziger Ausgang: eine Personenschleuse. Erst wenn die innere Tür geschlossen ist, läßt sich die äußere öffnen. Dazwischen betrachtet man ein tristes Überdimensional-Foto von zu Türmen gestapeltem Kleingeld.

Security bedeutet aber auch die Überwachung von Alarmanlagen. Auch dabei ist Kötter ein zu allem bereiter Dienstleister. Während der Polizeiwachtmeister nur auf Einbruchsalarm reagiert, rücken sie hier auch aus, wenn Kühlschrank und Fahrstuhl per Alarmanlage Stromausfall oder Steckenbleiben signalisieren. Natürlich gegen gewisses Entgelt. Um die Einsätze zu koordinieren, gibt es eine Logistikzentrale, in der auch sensible Kunden-Informationen zusammenlaufen.

Hier werden auch die Waffen an die Angestellten ausgeteilt, durch eine Waffenschleuse. Dennoch räumt Mertel mit dem Klischee der Schwarzen Sheriffs auf, die bullig mit Knarre am Halfter Störenfriede vertreiben. „Präventive Präsens“ ist das Schlagwort, mit dem Missetäter von vornherein abgeschreckt werden. Immer mehr Frauen wachen und sichern. Funktionieren tut dieses System bereits in Bremerhaven: In Bussen und Bahnen fahren Kötteraner mit. Ohne Waffen, schmalschultrig, mit Fahr- und Stadtplanauskünften, liebenswert.

Die Angestellten kommen aus allen Berufszweigen. Einen Lehrberuf Securitymann gibt es nicht. Qualifikationen sind laut Mertel „ein guter Leumund und ein makelloses polizeiliches Führungszeug-nis“, Bildungsstand sei egal. Die deutsche Staatsbürgerschaft müssen die Angestellten haben. Offizielle Begründung: Ein Führungszeugnis sei sonst schwer zu bekommen. Aber bis Neuangestellte dann hinter der Panzerglasscheibe unter einer Videokamera bei vollklimatisierter Luft Geld zählen, durchlaufen sie alle Geschäftszweige.

Die Krönung der Berufslaufbahn, die laut Mertel „durch ständige Nachschulungen an den Objekten“ gekennzeichnet ist, sei der Personenschutz. Die Bodyguards also. Doch dieser Bereich der Firma ist so geheim, daß angeblich noch nicht einmal Mertel weiß, wie das da so läuft. Lukas Heiny