Anlegergeld versumpft im Osten

Geschlossene Fonds: Wie mit Ostimmobilien reichlich gutgläubige Steuersparer abgezockt werden. Richter urteilen inzwischen jedoch anlegerfreundlicher    ■ Von Jörg Stroisch

Berlin (taz) – Das Grand-Hotel im ostdeutschen Seebad Heiligendamm, eine Investition in ein „einzigartiges Gesamtkunstwerk aus Meer, Wald, Licht“. Der „anspruchsvolle“ Anleger ist mit 50.000 Mark dabei, wirbt die Fundus Beteiligungsgesellschaft. Er bekomme eine „nicht wiederholbare“ Immobilienbeteiligung. „Ob sich dieser Fonds rentiert?“ fragt Axel Prümm, Chefredakteur des Düsseldorfer Branchendienstes kapital-markt intern. „Es gibt derzeit sehr viel lukrativere Angebote auf dem Markt.“ Ein Trend im Osten Deutschlands: Immobilien werden überzogen kalkuliert, gutgläubige Anleger verlieren ihr Erspartes, geraten oft in die große Schuldenfalle.

Löbstädt, ein kleines Dorf bei Leipzig. 35 Personen sind versammelt. Die Stimmung ist angespannt, denn hier geht es für jeden um mindestens 220.000 Mark. Sie haben in eine Immobilie investiert, dabei auf die Steuerersparnis gestarrt und nun festgestellt, daß es mit der versprochenen Rendite des Hotels nicht weit her ist. „Für mich gilt“, faßt ein Betroffener die Meinung vieler Besucher zusammen, „ich möchte dieses Ding möglichst unbeschadet loswerden.“ Der Heidelberger Rechtsanwalt Werner Bornemann von Loebn zeigt auf die harten Zahlen des Objekts. Von den 220.000 Mark haben Vermittler und Initiator mindestens 70.000 Mark als „sonstige Kosten“ gleich einbehalten. „Das kann sich gar nicht rentieren“, erklärt er. „Ganz unbeschadet werden die da nicht hinauskommen.“

An geschlossenen Immobilienfonds beteiligen sich eine begrenzte Zahl von Anlegern an einer festgelegten Anzahl von Immobilien. Das Besondere: Vor dem Fiskus werden diese Beteiligungen wie Grundstückseigentum behandelt. Abschreibung ist das Zauberwort, das Gutgläubige auch gerade in ostdeutsche Fonds investieren ließ, denn hier betrug sie noch vor kurzem 50 Prozent – Aufbauförderung Ost. „Alles hat sich verkaufen lassen, auch wahnsinnig viel Schrott“, beschreibt Fondsexperte Stefan Loipfinger. Nicht Steuerersparnisse, sondern die Rendite zählt, kritisiert er die Blindheit der Anleger.

Zehn bis 20 Prozent dieser Fonds würden bald extreme Probleme bekommen, meint Lopfinger. Andere Schätzungen gehen sogar von bis zu 70 Prozent aus. Die Anteile wird man kaum noch los. Ein komplett erworbenes Haus könnte der Anleger noch unter Preis verkaufen, für Fondsanteile fehlt aber der Markt völlig.

Was also als Verlustabschreibung vorher fest in der Steuererklärung eingeplant war, entwickelt sich zu einem finanziellen Desaster mit Langzeitwirkung. Der Anleger haftet für sein Eigentum voll, er muß fehlende Beträge nachschießen, bezahlt mit seinem Geld auch für ausfallende Fondsmiteigentümer mit.

Die anfallenden Schulden des Anlegers würden sogar vererbt, erläutert Karen Keller von der Aktion Solidarität aus Wermelskirchen, die 500 Anleger vertritt. Auf ihrer Internetseite www.immobilienbetrug.de klärt die Aktion auf. „Die Fonds-Gesellschaften mit der Mindesthaftungseinlage von oft nur 50.000 Mark gehen sehr schnell hops“, so Keller. „Anleger werden in Objekte ohne Marktbedarf gelockt. Der Verdacht liegt nahe, daß sie mit voller Absicht des Initiators ins Messer laufen.“

Oft hilft hinterher nur noch der Weg vor das Gericht. „Die Rechtsprechung wird anlegerfreundlicher“, bemerkt Keller. Durch spektakuläre Flops der jüngeren Vergangenheit habe sich die Einstellung der Richter verändert. „Sie gehen nicht mehr davon aus, daß es eigene, übermäßige Dusseligkeit war, eine Beteiligung zu kaufen.“

Rechtsanwalt Bornemann von Loebn skizziert Wege aus dem Desaster. „Die Anleger sollten sich nicht auf den Fonds, sondern auf juristische Fehler bei der Kreditvergabe konzentrieren“, so seine Strategie vor Gericht. Wurde der Kreditvertrag zur Finanzierung des Fonds direkt vom Anleger abgeschlossen oder – wie sehr häufig – eine Gesamtvollmacht erteilt? Und wurde der Anleger bei Vertragsabschluß über Rentabilität, Liquidität und mögliche Wertsteigerung des Objekts falsch unterrichtet? „In allen Fällen sind juristische Maßnahmen sehr erfolgversprechend“, beurteilt der Anwalt.

Die Anleger von Löbstädt profitieren, so die Strategie des Anwaltes, von dem Formfehler in der Gesamtvollmacht, die ihren Kreditvertrag unwirksam machen könnte. Empörung macht sich aber doch im Saal breit. „Die Firma, die das konzipiert hat“, regt sich ein Betroffener auf, „warum wird der nicht das Handwerk gelegt?“

„Die Anleger sollten sich nicht auf den Fonds, sondern auf juristische Fehler bei der Kreditvergabe konzentrieren“