■ Die G-7-Staaten und die Aufbauhilfe für Jugoslawien
: Neue Partner

Es ist also beschlossen: Solange die Bundesrepublik Jugoslawien von Politikern regiert wird, die wegen Kriegsverbrechen angeklagt sind, wird das Land von den G-7-Staaten lediglich humanitäre Hilfe erhalten. Eine Ausnahme wird, so der Beschluß der G-7-Finanzminister, für die reformorientierte Regierung der Republik Montenegro gemacht – und natürlich für das Kosovo. Oder andersrum: Mit Kosovo und Montenegro wird die internationale Gemeinschaft Jugoslawien weiterhin massiv unterstützen. Nur daß die entsprechenden Mittel nicht mehr den korrupten Führern in Belgrad in den Rachen geworfen, sondern dort eingesetzt werden, wo ihre Verwendung für den Aufbau der Demokratie in Jugoslawien überprüfbar ist.

Die internationale Gemeinschaft hat mit diesem Beschluß anerkannt, daß ihre bisherige Doppelstrategie von Zuckerbrot und Peitsche gegen Belgrad versagt hat. Einerseits war man nicht willens, letztere mit letzter Konsequenz einzusetzen – das heißt konkret: Miloševic militärisch zu stürzen –, andererseits hat sich gezeigt, daß jede Hoffnung, mit weiteren Lockangeboten eine Demokratisierung unter dessen Regime zu erreichen, vergebens ist.

Nun steht die internationale Gemeinschaft vor dem Saddam-Hussein-Dilemma: Der Diktator ist noch da, und sein Machtapparat blockiert die dringend notwendigen Reformen. Die Leidtragenden sind diejenigen Teile der Zivilbevölkerung, die nicht an der Bereicherung des Regimes beteiligt wurden: Arbeiter, Rentner, Soldaten und kleinere Angestellte.

Derweil werden die Rufe nach Miloševics Rücktritt immer lauter. Das Neue an der derzeitigen Oppositionsbewegung ist, daß sie ihr Zentrum in der Peripherie hat – in Städten, in denen die Opposition über lange Jahre ein Schattendasein geführt hat. Hier gibt es offenbar einen anderen Typus von Oppositionspolitikern als in Belgrad – Politiker, die vor Ort die Last der Verantwortung getragen haben. Bei ihnen muß die internationale Gemeinschaft nun Partner für die Demokratisierung Jugoslawiens suchen. Die Unterstützung, die sie leisten kann, muß überschaubar und projektbezogen sein. Das kann Hilfe für Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen und zahlreiche andere Bereiche beinhalten. Jedoch muß sichergestellt sein, daß die Partner in derartigen Projekten tatsächlich demokratische Visionen vertreten.

Gleichzeitig muß die internationale Gemeinschaft ihre Medienoffensive fortsetzen. Das beinhaltet sowohl die Verbreitung der Auslandssendungen von Deutsche Welle, BBC, Radio Free Europe oder VOA als auch Unterstützung für lokale Medien.

Montenegro und Kosovo können und müssen als Operationsbasis für eine neue, demokratische Offensive auf Belgrad dienen. Oder andersrum: Miloševic hat seine Karriere darauf begründet, die Provinz als Wiege des mittelalterlichen serbischen Staates zu verteidigen. Nun ist es an der Zeit, Kosovo zur Wiege des neuen demokratischen Serbien zu machen.

Im Kosovo kann die internationale Gemeinschaft frei operieren. Sie muß nun auch sicherstellen, daß es zu einer Operationsbasis für Oppositionspolitiker aus Serbien werden kann. Gleichzeitig muß sie Montenegro stabilisieren und auch bereit sein, im Notfall umgehend militärisch einzugreifen, falls sich dort Szenarien wie 1991 in Kroatien und Slowenien wiederholen. Sie muß nun die Schlinge um den Hals von Miloševic enger ziehen, indem sie die serbische Opposition einlädt, provisorische Regierungen für Serbien und Jugoslawien in Priština zu bilden, die fähig und visionär genug sind, das Machtvakuum zu füllen, welches das zerfallende Regime hinterlassen wird.

Zudem sollte die internationale Gemeinschaft ihren neuen Partnern Berater zur Seite stellen, die schon jetzt die Einbindung Serbiens in den Stabilitätspakt planen können. Einer, der hierbei eine vor allem einigende Rolle spielen könnte, wäre der englische Geschäftsmann Aleksandar Karadjordjevic, der Sohn des letzten jugoslawischen Königs, der nun seinem spanischen Vorbild Juan Carlos folgen könnte: Er hätte genug Distanz zur Opposition, um nicht in deren Kämpfe verwickelt zu sein, und internationale Kontakte, die für den Aufbau einer demokratischen Zukunft wertvoll wären. Fabian Schmidt

Südosteuropawissenschaftler und Journalist