60 Milliarden Dollar wegen kaputter Leuchtdiode

■ Toyota steht vor einer Klage des US-Justizministeriums, weil ein Instrument zur Warnung vor zu hohen Abgaswerten in 2,2 Millionen Autos angeblich defekt sein soll

Berlin (taz) – Eine kleine Kontrolleuchte könnte dem Autohersteller „Nichts ist unmöglich“ Toyota teuer zu stehen kommen: Das US-Justizministerium will dem japanischen Konzern eine Strafe von umgerechnet rund 110 Milliarden Mark aufbrummen, weil in 2,2 Millionen Toyota-Modellen die „On-Board-Abgas-Diagnose“ nicht einwandfrei funktioniert. Seit 1994 sind in den USA die Automobilbauer verpflichtet, ein Kontrollsystem in ihre Modelle einzubauen, das aufleuchtet, wenn die Abgasnormen überschritten werden. Der Autofahrer ist dann verpflichtet, seinen Wagen in die Werkstatt zu bringen.

Toyota wird von seiten des Justizministeriums, das die Klage am Montag im Namen der US-Umweltbehörde veranlaßt hat, nicht vorgeworfen, die strengen US-Abgasnormen konkret verletzt zu haben. Im Gegenteil: Toyota genießt den Ruf, regelmäßig die Schadstoffgrenzen zu unterschreiten. Die Klage fußt allein darauf, das eventuell erhöhte Kohlenwasserstoff-Werte nicht regelgerecht von dem System erkannt werden und dadurch dem Fahrer zu spät oder gar nicht angezeigt werden könnten. Betroffen sind eine ganze Reihe von Toyota-Modellen, die von 1996 bis 1998 gebaut wurden, darunter Camry, Avalon, Corolla und Tercel.

In einem Vergleich war Toyota angeboten worden, einmalig 100 Millionen Dollar zu zahlen. Der Konzern lehnte ab, weil die Fahrzeuge, nach Konzern-Angaben, die geringsten Schadstoffwerte der Branche aufwiesen. Jetzt droht Toyota eine Strafe zwischen 25.000 und 27.500 Dollar Strafe pro ausgeliefertem Auto mit diesem Fehler. Hinzu kämen die Kosten für die Rückrufaktion der 2,2 Millionen Fahrzeuge: rund 550 Millionen Dollar.

Toyota kündigte an, sich einer möglichen Verurteilung nicht zu beugen. Die Klage sei nur auf eine Neuinterpretation der Umwelt-Richtlinien zurückzuführen, argumentiert die Konzernspitze. Auch deutsche Kenner der Branche halten es für unwahrscheinlich, daß ein Hersteller über 2 Millionen Autos auf dem Markt bringt, die nicht geltenden Gesetzen entsprechen. Sie halten die Forderungen der US-Regierung für völlig überzogen.

Seit Monaten schwappt eine Welle von milliardenschweren Schadensersatzklagen über die US-Industrie. Zuletzt mußten nicht nur Zigarettenhersteller bluten. Am Montag ist der amerikanische Autokonzern Ford verurteilt worden, 295 Millionen Dollar an die Hinterbliebenen von drei Verkehrsopfern zu zahlen, die von einem Ford-Truck überrollt worden waren. Vor vier Tagen hat ein Gericht in Kalifornien General Motors zur Zahlung von 4,9 Milliarden Dollar an vier Personen verpflichtet, die sich schwere Verbrennungen in einem Chevrolet Malibu von 1979 zugezogen haben: Der Tank war aufgrund eines Konstruktionsfehlers explodiert.

Thorsten Denkler