Amerika darf nicht in den Himmel

■ „Star Wars-Episode One“ feiert schon Wochen vor dem offiziellen Kinostart Premiere in Bremer Wohnzimmern

Am Ende aller Unschuld wird sich eine Generation, die 1999 noch in den Kinderschuhen steckte, nur an zwei Kriege dieses Jahres erinnern: den Krieg im Kosovo und den neuen „Krieg der Sterne“.

Junge Menschen rotten sich vor kleinen Monitoren zusammen, um einen Film zu sehen, der bis jetzt nur in amerikanischen Kinos mit spezieller Sound-Ausstattung gezeigt werden darf. Was offiziell in Deutschland erst ab August auf die Leinwand kommt, haben die Fans bereits daheim auf Video. In einschlägig bekannten Hochschulen wurde der Film bereits per Video-beamer in einer halbwegs erträglichen Fassung aufgeführt.

Die Rede ist von „Episode One – The Phantom Menace“, dem „Prequel“ der „Star Wars“-Trilogie. Kein anderer Film war je an solch strenge Auflagen zur Aufführung gebunden: Die Kinos dürfen keine Werbung zeigen, es gibt keinen Vorverkauf, um den Schwarzmarkt einzudämmen, es muß ein bestimmtes Soundsystem vorhanden sein.

Nun hat ein Hacker, nennen wir ihn ruhig „Z“, den Amis in die Suppe gespuckt, und alle Welt kann den Film schon Monate vor der Europa-Premiere sehen. Gerüchte über einen neuen „Star Wars“ hielten sich immer hartnäckiger, seit das Internet seinen Siegeszug in die Normalität angetreten hatte. Und eben dort findet sich natürlich auch „The Phantom Menace“ in einer kompletten Fassung zum Runterladen.

Am 9. Mai hatte der Film in den USA Premiere. Bereits drei Wochen später tauchten in Bremen die ersten Raubkopien auf. „Z“ hat den Film mit einer Digital-Kamera im Kino abgefilmt und als riesiges Datenpaket ins Netz gestellt. Wer Raubkopien nur aus der Steinzeit der Video-Technik kennt, wird überrascht sein. Dank MP3 liegt der Film in exzellenter Qualität vor, wenn auch vieles arg verpixelt wird und der Sound im ersten Drittel etwas dünn ist. Die Telefonkosten, um den Film aus dem Netz runterzuladen, sind immens, aber ein einziger Download auf einem unscheinbaren Firmenrechner schien zu genügen, und in Bremen war der Rest nur noch eine Frage der Weiterkopierzeit via CD-Brenner. Trotzdem ist das Sehvergnügen limitiert. Was da derzeit über Monitore, Fernseher oder Videobeamer flackert, läßt nur ungefähr erahnen, was im Kino auf uns zukommt.

Mit einem vergleichsweise niedrigen Budget von neun Millionen Dollar brachte George Lucas 1977 mit „Star Wars-Krieg der Sterne“ den für lange Jahre größten Kassenschlager der Geschichte auf die Leinwand. Das Weltraumspektakel führte völlig neue Spezial-Effekte in die Filmgeschichte ein und erhielt neben neun normalen Oscars einen Spezialpreis für die Kreation einer Armada von Aliens, Robotern und Fabelwesen. In den 90ern kamen die Filme in neuer Fassung zurück in die Kinos und schlugen erneut diverse Rekorde.

„Star Wars“ ist der große, gemeinsame Mythos der Generation MTV. Drei Filme vernudelten alles, was die Industriekultur seit Beginn des Jahrhunderts ausgebrütet hatte, um die Spuren der Vergangenheit zu verwischen. Die triviale Heroisierung vergangener Epochen in Western, Ritterfilmen, Samurai-Streifen, Piraten-Schinken und Hercules-Filmen wurde zusammengestrichen und in den Weltraum geschossen, wo die besten Elemente aller Genres sich zum Jedi-Mythos vermischten. Seit 1980 bleibt für die Fans aber eine Frage offen. „Das Imperium schlägt zurück“ begann mit der Unterzeile „Episode 5“. Verwirrung: Es müßte also noch drei Filme vor dem ersten Teil geben ... Doch erst 1998 verkündete die Firma „Lucas Arts“, daß „Episode One – The Phantom Menace“ tatsächlich gedreht werden würde.

„Episode One“ ist ein Rummelplatz der Effekte, eine Achterbahnfahrt, die einer perfekten Ausstattung für Ton und Bild bedarf, oder der Film entpuppt sich schnell als eine langweilige Gurke ohne Höhepunkte. Auch die pubertär verblendete Begeisterung von hoffnungslosen Fans täuscht nicht darüber hinweg, daß der Film sicher als eine der größten Enttäuschungen der Filmgeschichte durchgehen kann.

„Episode One“ erzählt vom jungen Anakin Skywalker, der später zu Darth Vader wird. Geschickt schlängelt sich der Streifen durch alle essentiellen Genre-Zitate, die noch nicht verbraten waren, gipfelnd in einer „Hommage“ an das Wagenrennen in „Ben Hur“. George Lucas wildert nicht mehr nur im Müllhaufen der amerikanischen Kultur, er plündert auch die Mythen anderer Länder. Das Ergebnis ist jämmerlicher als erwartet.

Lebte die Original-Trilogie vom Charme der 30er-Jahre-Space-Operas à la „Flash Gordon“ oder „Buck Rogers“, so ist „Episode One“ eher in der Welt von „1000 und eine Nacht“ angesiedelt und macht regen Gebrauch von seinen tunesischen Kulissen. Fans und Kritiker in den USA haben dem Film bereits die Absage erteilt, und auch die ersten Stimmen aus Bremen sind vernichtend. Die Dialoge sind grauenhaft, die Helden sind flacher als die Figuren einer deutschen „Daily Soap“.

Das Kind in der Hauptrolle läßt vermuten, daß der Film ausschließlich für achtjährige gemacht ist, die von ihren Vätern ins Kino geschleppt werden. Aber dafür wird wieder zu viel geredet und paktiert. „Laaaaangweilig“ rief das einzige Kind und die einzige Person, die kein Englisch verstand, in einer WG, wo der Film gestern abend auf der Glotze lief und machte sich einen Spaß daraus, vor dem Bildschirm rumzutoben. Die endlose Folge von sinnlosen Schwenks und inhaltsleeren Szenen kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß das netteste, was man über dieses ultra-reaktionäre Machwerk sagen kann, ist, daß er eben typisch amerikanisch ist. Der Film zeugt von der ängstlichen Einfallslosigkeit in Hollywood wie kein anderer. Amerika wurde von Sektenspinnern gegründet, die überall in Europa rausgeflogen sind. Die schlimmsten von ihnen haben es bis nach Kalifornien geschafft, wo sie seitdem über die Reinheit ihres Genpools wachen und ihre Exkremente in den Rest der Welt exportieren. „Episode One“ ist ihre Rache. In Bremen soll der Film im Kinotempel am Weserpark anlaufen, aber der wird bis dahin wohl ebenso wenig fertig wie der Space Park zur Expo, und man täte sich ärgern, für diesen Mist so weit raus gefahren zu sein! Tommy „Captain Kabelanschluß“ Blank

Check out: www.IHatestarwars.com sowie aint-it-cool-news.com, www.theforce.net und natürlich www.episode2.net