Ein Jerusalem aus PVC

■ Auf dem Breminale-Gelände stehen jetzt „Wunderbare Welten“. Diese begehbare Skulptur hält auch ohne Stützen. Erst abends geht ihr die Luft aus

Mitten auf dem Breminale-Gelände steht ein riesiges, buntes Plastikzelt. Es besteht aus Kugeln, Eiern und Röhren. Sie bilden ein begehbares Tunnelsystem. „Wunderbare Welten“ heißt die Luftskulptur des englischen Künstlers Alan Parkinson.

Der Besucher wandelt durch ein Labyrinth aus Kanälen und Gängen und gelangt in immer neue Höhlen – eine Mischung aus Korallenriff, Tropfsteinhöhle und körperinternem Adersystem. Er schwebt durch die sanften Rundungen der Tunnel in die Höhle der Orientwelt. Islamisch anmutende Wandverzierungen, der Gewürzgeruch und der im Hintergrund erklingende Ruf eines Muezzin lassen an tausendundeine Nacht denken. In der nächsten Höhle sorgen ein intensiver Blauton hinter abstrakten Palmengemälden und leise Trommelmusik für Erinnerungen an die Südsee. Insgesamt werden sechs verschiedene Welten dargestellt.

Alan Parkinson vermittelt immer neue dreidimensionale Effekte in den Kuppeln des bis zu zehn Meter hohen Luftdomes. Seit Dezember 1998 tingelt sein Werk durch die Lande und entführt die Besucher in surreale Urlaubswelten. Ein Erlebnis aus beeindruckend leuchtenden Farben und Formen, unterlegt mit beruhigender Musik und in die Luft geblasenen ätherischen Düften. Je nach Wetterlage und Sonneneinstrahlung enstehen immer neue Farbeffekte. Wie eine gotische Kathedrale, ein himmlisches Jerusalem aus PVC.

Nach fünfmonatiger Handarbeit hatten der Künstler und sein Team, die „Architects of Air“, die größte begehbare Luftskulptur Europas fertiggestellt. Ein Urlaubsparadies von 50 mal 30 Metern. Etwa zwei Jahre Lebenszeit räumt man den Nähten ein – klar, daß man bei diesem Projekt von kurzfristiger Architektur spricht.

Seit den 60er Jahren erschafft der Luftarchitekt Parkinson Skulpturen. Architektonisch orientiert er sich dabei an der Zeltbauweise des Münchener Olympiaparks. Über eine halbe Million Menschen haben seine Kunstwerke begangen. Die Vorgängerskulptur „Meggopolis“ tourte durch die USA und Australien. Eine Europatournee ist bei „Wunderbare Welten“ allerdings eher fraglich. Die begehbare Skulptur hat für eine ausgedehnte Reise leider eine zu kurze Haltbarkeit.

Jeden Abend geht der wunderbaren Welt die Puste aus. Erst am nächsten Morgen wird das Gebilde wieder mit Luft vollgepumpt. Und das hält – ohne Stützen, Streben oder Kran – jeden Tag von 10 bis 20 Uhr, am Sonntag bis 16 Uhr. Der Eintrittspreis von fünf Mark kommt UNICEF und gemeinnützigen Bremer Einrichtungen zu Gute.

Lukas Heiny