Prominenz als Abschiebeschutz

Der Sudanese Fathelrahman Abdallah wurde gestern aus der Nürnberger Abschiebehaft entlassen. Verfassungrichter stuften amnesty-Aktion als Asylgrund ein  ■   Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – Nach knapp elf Monaten Abschiebehaft und drei vergeblichen Versuchen, ihn gewaltsam abzuschieben, haben sich für den Sudanesen Fathelrahman Abdallah die Nürnberger Gefängnistore geöffnet. Das Tauziehen um den Rücktransport des 27jährigen ist damit vorerst beendet.

Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe mit Verweis auf die von amnesty international (ai) weltweit initiierte „urgent action“ für Abdallah neue Asylgründe als gegeben betrachtet. Abhallah habe durch die ai-Kampagne eine „Prominenz erlangen können, die ihn allein deswegen in das Blickfeld sudanesischer Sicherheitsbehörden geraten lassen“ könnte, urteilten die Verfassungsrichter.

Die Freilassung Abdallahs ist vor allem ein Schlag ins Gesicht für das bayerische Innenministerium. Dort hatte man die Abschiebung des Sudanesen massiv betrieben. Als Bundesinnenminister Schily die Aussetzung gewaltsamer Abschiebungen wiederaufhob, schien der Rücktransport von Abdallah nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Obwohl mehrere Ärzte dem Sudanesen bescheinigt hatten, schwer traumatisiert und nicht reisefähig zu sein, hielten Mediziner des Bezirkskrankenhauses Ansbach eine „Simulation nicht für ausgeschlossen“. Im Gegensatz zu den vorherigen Instanzen kamen dann auch dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) ernste Zweifel an der Transportfähigkeit des 27jährigen, der nach eigenen Angaben als Oppositioneller im Sudan gefoltert worden war. Der VGH ordnete eine neuerliche ärztliche Untersuchung an, die den schlechten Zustand des Sudanesen bestätigte.

Zugleich hatte Abdallahs Anwalt, der Nürnberger Bernd Ophoff, das BVG eingeschaltet. Die Karlsruher Richter lehnten die Verfassungsbeschwerde zwar ab, weil der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft sei, machten jedoch deutlich, daß ein Anspruch auf Eilrechtsschutz, also Aufschub der Abschiebung bis zum letztinstanzlichen Urteil, bestünde. Als Begründung führten sie die amnesty-Aktion an, die als Verfolgungsgrund angeführt werden könne. Daraufhin verzichtete das Ausländeramt, erneut eine Verlängerung der Aschiebehaft zu beantragen – und Abdallah durfte das Gefängnis verlassen.

In Berlin ist unterdessen auch die geplante Abschiebung des nigerianischen Oppositionspolitikers Ikye Njoku gescheitert. Einem Bericht der Berliner Zeitung zufolge hatte sich der Mann am Montag kurz vor dem Abflug der Maschine vom Flughafen Schönefeld gewehrt, das Flugzeug zu besteigen. Nach Angaben der „Initiative gegen Abschiebehaft“ habe der Pilot der russischen Maschine daraufhin erklärt, er nehme niemanden mit, der sich wehre.