Unternehmer wollen bei Öko-Audit Erleichterungen

■ Nur acht Bremer Firmen tragen das Umweltsiegel „Öko-Audit“ / Sieben weitere sind im Bewerbungsverfahren / Firmen signalisieren: Weniger Bürokratie schafft Anreize

Wer wissen will, welche Vorteile Firmen aus dem Prüfverfahren „Öko-Audit“ ziehen, sollte Günter Timmer, Prokurist der Bremer Woll-Kämmerei AG, zuhören. „Wir müssen Ökologie vermarkten“, sagt der. „Das ist unsere Zukunft und dient dazu, unseren Standort langfristig zu sichern.“ Der Nachweis über umweltgerechte Produktion im Rahmen des freiwilligen, aber gesetzlich geregelten Öko-Audit-Verfahrens sei ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Auf dem hart umkämpften Wollmarkt gehe es letztlich darum, „wer den längeren Atem hat“. Industriellen Umweltschutz sieht er langfristig als Wettbewerbsvorteil.

Nicht alle der 50 Bremer FirmenvertreterInnen, die diese Woche einer Einladung der Handelskammer und der Umweltbehörde zur Debatte über Öko-Audit und „Verfahrenserleichterungen bei Umweltschutzauflagen“ gefolgt waren, stimmten dem zu. Viele Firmen wollen, daß das Öko-Audit-Verfahren ihnen Erleichterungen bringt. Die Mindestforderung: Wer sich dem freiwilligen Öko-Audit-Verfahren unterzieht, nach dem Betriebe sich verpflichten, selbstauferlegte Umweltstandards einzuhalten, solle die oft aufwendig erbrachten Nachweise über beispielsweise verminderten Schadstoffausstoß oder Energieverbrauch auch für andere Zwecke nutzen dürfen. Es sei nicht einzusehen, daß selbst verbrieft umweltfreundliche Unternehmen jeden Nachweis doppelt erbringen müssen: Einmal für das Öko-Audit, ein anderes Mal, um gesetzlich vorgeschriebene Nachweise zu erbringen. Konkret: Weniger Bürokratie wäre ein Anreiz für Firmen, beim bislang wenig nachgefragten Öko-Audit mitzumachen.

Tatsächlich tragen bislang nur acht Bremer Firmen, darunter DaimlerChrysler, die Bremer Wollkämmerei, die Stahlwerke Bremen, der Spediteur Kieserling, das „Öko-Audit“-Güte-Siegel. Zwar befinden sich sieben weitere im Bewerbungsverfahren. Aber viele seien das nicht, nickt auch Rita Whalley von der Umweltbehörde. Es gebe viele Gründe, sich einem Öko-Audit lieber nicht zu unterziehen. Die regelmäßigen und terminierten Kontrollen beispielsweise. „Kleinere Firmen haben dafür weniger Spielraum. Bei denen kommt die Abwicklung der Produktionsaufträge vor dem betrieblichen Umweltschutz und Öko-Nachweisen“, weiß Whalley. Andere operierten nach der Unternehmensphilosophie, sich von staatlicher Seite niemals freiwillig in die Karten schauen zu lassen. „Einige davon erfüllen trotzdem sehr hohe Umweltstandards“, räumt Whalley ein. Wieder andere seien von der Interessentenliste fürs Öko-Audit abgesprungen, nachdem die Firmen verkauft wurden – und die neuen Besitzer keinen Ballast herumschleppen wollten. Tatsächlich dauere das Zertifizierungsverfahren oft Jahre. Verstärktes Interesse gebe es aber, seit kleine und mittlere Betriebe mit maximal 35.000 Mark staatlich gefördert werden können, um ein betriebliches Umweltmanagement auf die Füße zu stellen.

Fest steht: Bremen wird seinen öko-auditierten Betrieben – wie Niedersachsen schon länger – künftig mehr entgegenkommen. Allerdings werde das kleine Bremen mit den maßgeblichen Bundesgesetzen nicht flexibler umgehen als andere Bundesländer, machte der Rechtsreferent der Umweltbehörde, Norbert König deutlich. Am deutlichsten widersprach König denn auch dem Wunsch der Unternehmer, bereits Vereinfachungen für solche Firmen einzuräumen, die den niedrigschwelligeren Umweltverträglichkeitsnachweis nach ISO 14 000 erbracht haben. „Ausgeschlossen.“ Beim hochwertigen Öko-Audit gehe es um eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung – beim ISO 14 000 dagegen nur um eine wenig reglementierte Verbesserung des Umweltmanagements. Noch dazu werde das ISO-Verfahren rein privatwirtschaftlich überwacht und sei in den Anforderungen relativ locker. Die in diesem freiwilligen Rahmen erbrachten Umweltverträglichkeitsnachweise könnten Prüfauflagen durch die Umweltbehörden keinesfalls ersetzen.

Würde die Forderung von Firmen nach Erleichterungen für geringere Umweltstandards erfüllt, könnte dies weitreichende Konsequenzen haben. Denn es geht um mehr als um die tatsächlich überfällige Entrümpelung der Bürokratie, indem künftig doppelte Prüfungen und damit hoher Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten entfallen. Längerfristig hat die bundesweite Unternehmerlobby mit ihren Forderungen die drohende Ökosteuer fest im Blick. In der Debatte war dabei schon, daß die Produktion nach verbesserten Umweltstandards oder Öko-Audit sogar für energieintensive Firmen Öko-Steuererleichterungen bringen könnte.

Vorerst jedoch geben die Umweltbehörden nicht nach. Ein entsprechendes Fazit der Veranstaltung zog Matthias Fonger von der Bremer Handelskammer: „Da wird noch Überzeugungsarbeit nötig sein.“ ede