Politische Erneuerung bleibt aus

■ Kabinett von El Salvadors Präsident enttäuscht Hoffnungen

San Salvador (taz) – Im Wahlkampf gab sich der 39jährige Francisco Flores, der gestern seine fünfjährige Amtszeit als Präsident El Savadors antrat, als freundlicher junger Mann mit fast sozialdemokratischen Ideen. Es schien so, als wolle er seine Partei, die im Umfeld der Todesschwadrone gegründete „Republikanisch-Nationalistische Allianz“ (Arena), aus der rechtsradikalen Ecke heraus in die politische Mitte führen.

Flores wurde den salvadorianischen Wählern als ein Tony Blair der salvadorianischen Rechten vorgeführt. Das freundliche Bild des Kandidaten hatte Phil Noble zusammengebastelt, in den USA ein Star des Politmarketing, der sonst Sozialdemokraten oder ehemalige Befreiungsbewegungen (den ANC in Südafrika) berät.

So überrascht es ein wenig, daß Flores nun zu den Wurzeln seiner Partei zurückkehrt. Das deutlichste Zeichen dafür ist Innenminister Mario Acosta Oertel. Der 42jährige, dem zu Kriegszeiten enge Verbindungen zu Todesschwadronen nachgesagt wurden, war einsamer Rechtsaußen im Kabinett Calderón Sol. Jetzt hat er Gesellschaft bekommen. Mauricio Sandoval, der von Flores bestellte Polizeichef, rief als Propagandaspezialist des Kriegspräsidenten Alfredo Cristiani (Arena) im November 1989 während einer Offensive der Guerrillabewegung FMLN offen zum Mord an oppositionellen Intellektuellen auf. Wenige Tage später ermordete ein Spezialkommando der Armee die gesamte Führungsspitze der jesuitischen Zentralamerikanischen Universität (UCA). Der heutige UCA-Rektor José Maria Tojeira nennt deshalb Sandovals Ernennung „eine Geschmacklosigkeit sondergleichen“. Jetzt will Sandoval die Kriminalitätsrate um 60 Prozent verringern. Sein Mittel dazu: staatlich organisierte Nachbarschaftskomitees. So wurden in den siebziger Jahren die ersten Todesschwadrone gegründet.

„Technischer Sekretär“ des Präsidenten, so etwas wie ein Superminister für alle wirtschaftlichen Angelegenheiten, wird Juan José Daboub, der 1997 bei der Privatisierung der staatlichen Telefongesellschaft kurzerhand alle Gewerkschafter entließ.

Ein liberales Gegengewicht zu solchen Scharfmachern läßt sich im neuen salvadorianischen Kabinett nicht finden, dafür – auch das lateinamerikanische Tradition – persönliche Freunde der Präsidentenfamilie. Toni Keppeler