Auftrieb für Tunnelbauer

■ Die Brandkatastrophe heizt die Debatte über neue Tunnelröhren in Österreich wieder an. Da die meisten Tunnel als unsicher gelten, haben Umweltschützer kaum Chancen

Berlin (taz) – Er ist beengt, einspurig und den Österreichern ein ständiges Ärgernis. Zum Tauerntunnel kam am Samstag auch der rechtsnationale Jörg Haider. Als Landeshauptmann von Kärnten fühlte sich Haider berufen, eine Krisensitzung zum Unglück einzuberufen, schließlich führt die Tauernautobahn auch ins Bundesland Kärnten. Der Tunnel hingegen beginnt und endet im Land Salzburg. Die Salzburger regten sich daher am Wochenende nicht nur darüber auf, was der FPÖ-Hauptmann bei ihnen zu suchen habe, sondern auch über das Für und Wider einer Tunnelerweiterung und den ständig wachsenden Auto- und Schwerlastverkehr.

Jedes Jahr zur Ferienzeit quälen sich Millionen Urlauber samt Auto durch das einspurige Rohr des Tauerntunnels. Seitdem er 1972 fertig gestellt wurde, ist die Tauernautobahn die kürzeste Verbindung nach Italien, Slowenien und Kroatien. Neben der Brennerautobahn ist die Tauernstrecke die meistbefahrenste Transitverbindung in Österreich. Schon wenige Jahre nachdem die ersten Autos und Lkw über sie fuhren, forderte die österreichische Autobahngesellschaft Ösag, daß der Tauerntunnel eine zweite Röhre in jede Richtung bekommen müsse. Auch der zweite Tunnel der Strecke – der Katschbergtunnel – brauche eine zweite Röhre. Nach massiven Protesten der örtlichen Bevölkerung und Umweltgruppen verstummte die Ösag zehn Jahre lang. Seit einigen Monaten nun propagiert sie, unterstützt vom Industriellenverband, wieder den Ausbau.

Die Brandkatastrophe könnte ihrem Begehren neuen Auftrieb geben. Denn nach dem Brand im Schweizer Montblanc-Tunnel haben die Alpenbewohner ihre diversen Tunnel untersucht und festgestellt: Es fehlen in fast allen der 75 österreichischen Straßentunnel Rettungs- und Fluchtstollen. Außer dem Tauerntunnel sind noch 16 weitere Bergdurchführungen einspurig. Die Schweizer durchwühlten ebenfalls das Alpenmassiv und fanden heraus, daß der einspurige Gotthardtunnel zwar Nebenröhren hat, diese jedoch für Feuerwehrautos zu schmal sind.

Außer den Untersuchungen haben die Politiker in beiden Ländern jedoch bislang kaum etwas geändert. Die Schweiz hat in der vergangenen Woche immerhin den Straßentunnel zwischen NeuchÛtel und dem Ort La Chaud-de-Fonds geschlossen. Die Behörden hatten festgestellt, daß die Ventilatoren nur zwei bis acht Prozent Rauch aus dem Tunnel leiten können.

„Die tickende Bombe“, wie der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger den Tauerntunnel am Wochenende nannte, wird für die nächsten Monate geschlossen bleiben. Da der Verkehrsstrom jedoch nicht abbricht, werden nun alle Österreicher vom Urlaubertransit und den Lastwagen etwas haben. Die Verkehrsclubs von Deutschland und Österreich hatten am Wochenende dann auch schnell Alternativrouten parat. Italienurlauber sollten demnach die Brennerautobahn oder die Felbertauernroute benutzen. In Richtung Kärnten sowie nach Kroatien und Slowenien kommen Autofahrer laut ADAC am besten über die Autobahn Salzburg bis zum Voralpenkreuz bei Wels durch. Von dort aus geht es über die Pyhrnautobahn A9 Richtung Graz und die A2 Richtung Villach. Autofahrer aus dem Norden und Osten Deutschlands können über die A3 Richtung Passau fahren und von dort weiter über Wels auf die Pyhrnautobahn. Laster und Pkw-Gespanne werden über das Ennstal auf die Autobahn A9 umgeleitet. Pkw-Fahrer müssen dort in beiden Richtungen mit Staus rechnen, ebenso auf der Umleitungsstrecke Tauernschleuse Böckstein–Mallnitz in Fahrtrichtung Spittal. ufo