Nur China ziert sich noch

■ Wie die Soft-Drink-Society siegte: „Die Coca Cola Story“, So. 21.40 Uhr, 3Sat

Amerikas größte Sekte wurde 1865 von einem Junkie geründet. Weil er händeringend nach einem Mittel suchte, um seine Morphiumabhängigkeit in den Griff zu bekommen, erfand John S. Pemberton vor 134 Jahren in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia, ein aufputschendes Getränk und nannte es anschließend Cola. Coca-Cola.

Allerdings war der Mann mit der Wirkung des mit Kokain und Koffein gestreckten Zuckerwassers nicht recht zufrieden. Nach kurzer Zeit trat er die Produktidee an einen gewissen Herrn Candler ab. Der nahm das Kokain aus der Zauberformel heraus und baute Coca-Cola zu einem Imperium auf, das zur Jahrhundertwende bereits 25 Millionen Dollar umsetzte. Heute verfügt der Coca-Cola-Konzern über ein Umsatzvolumen von 150 Milliarden Dollar und vergibt seine Lizenzen weltweit – außer nach Burma, weil das Regime dort dem eigenen Image schaden könnte.

Tatsächlich ist Irene Angelicos Dokumentation vor allem eine Erfolgsstory made in USA. Psychologinnen beten vor blau waberndem Hintergrund den hohen Identifikationswert der Cola-Werbespots herunter, ein Prediger hat das Südstaatengetränk sogar mit in seine Gebete integriert.

Manchmal wundert man sich, daß der Coca-Cola-Konzern den Film nicht gleich selbst gedreht hat. 90 Minuten lang taucht immer wieder das beliebte Markenzeichen auf, junge Leute gluckern ein Fläschchen nach dem anderen in sich hinein, und zu den Olympischen Spielen 1996 wehen über der Skyline von Atlanta die rotweißen Fähnlein der Soft-Drink-Society.

Dennoch scheren in der materialreichen Sammlung von Angelico immer wieder Fakten aus der Spur. Daß die Firma in den dreißiger Jahren trotz jüdischer Führungskräfte mit den Nazis ins Geschäft kam, ist ebenso eigenartig wie die Schwierigkeiten, die heute der stagnierende chinesische Markt den Konzernherren bereitet. Gegen eine gute Tasse Tee hat der Sprudel aus dem Westen offenbar keine Chancen.

Kurios wird die Geschichte allerdings im Rückblick auf den Konkurrenzkampf mit Pepsi. Weil US-Präsident Richard Nixon anfang der 70er Jahre einem Parteifreund etwas Geld zukommen lassen wollte, besorgte er ihm das Pepsi-Monopol für die Sowjetunion. Diese Bastion ist für Coca-Cola kaum zu knacken: Alte Kommunisten wollen nichts mit dem Leitbild der Amerikanisierung zu schaffen haben, den Rest erinnern die Farben im Coca-Cola-Logo immer noch an die ehemaligen Herrscher aus dem Zentralkomitee.

Dabei braucht Rußland doch gar keine Angst vor der feindlichen Übernahme zu haben.

Oder wie es ein Manager aus Atlanta in einer Interviewpassage sagt: Wie viele Panzer hat schon Coca Cola? Harald Fricke