„Fischer erpreßt einfach die Basis“ –betr.: „Wege aus dem Abseits“, Kommentar von Dieter Rulff, taz vom 17. 5. 99

Die Einschätzung, die Grünen würden womöglich gestärkt aus ihrem Parteitag hervorgehen, kann ich schwer nachvollziehen. „Nicht der Konflikt, sondern der Kompromiß ist die Bewegungsform der Politik“, heißt es im Kommentar. Ich favorisiere eher die Umschreibung Opportunismus, die Bettina Gaus im selben Zusammenhang benutzte. Nicht daß ich wirklich glaubte, die „Oliv“-Grünen würden als Mehrheitsbeschaffer der SPD einen notwendigen Politikwechsel gegen die Interessen der Wirtschaft, ihrer Lobbyisten und der Medienmafia durchsetzen (von wegen „gesellschaftliche Machtgefüge werden neu tariert“). Nun aber ist Krieg, Deutschland ist mit von der Partie, und die Grünen als Regierungspartei ringen sich auf ihrem Parteitag einen Antrag ab, der von Scharping ignoriert und auf Nato-Ebene wohl kaum registriert wird. Dabei ist es nun wahrlich keine radikale Position mehr, die verfehlte Nato-Strategie (bomben bis er einlenkt) und ihre katastrophalen Folgen (Bomben auf Zivilisten, Flüchtlinge, Chinesen) zu kritisieren. Doch Fischer erpreßt einfach die Basis, der Koalitionsfrieden ist gewahrt (Bündnistreue!), und wir sind gespannt, wie er Uranmunition verballernde „Apaches“ rechtfertigen wird (vielleicht ist ja die Kernenergie doch nicht so gefährlich?).

Die Grünen haben in der Tat den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt. Ihre Abkehr von inhaltlichen Grundpositionen vergangener Tage, die Herr Rulff als Abseits der eigenen Wurzeln bezeichnet, ist auch mit einer Regierungsbeteiligung nicht zu entschuldigen. [] Boris Anduschus, Berlin