Der neue Scharping, ganz umsonst

Dem PR-Manager, der sich gratis um ein neues Image des Verteidigungsministers müht, gehört auch eine Firma, die deutsche SFOR-Fahrzeuge panzert  ■   Matthias Thieme

Spiegel-Leser wissen bekanntlich mehr und wundern sich deshalb weniger über das neue Image von Verteidigungsminister Rudolf Scharping: Die plötzliche Metamorphose vom Prügelknaben der SPD zum „Helden der Stunde“ (Bunte) ist nach Informationen des Hamburger Nachrichtenmagazins teilweise auf das Wirken eines Frankfurter PR-Unternehmers zurückzuführen: Moritz Hunzinger, Chef der PR-Agentur „Hunzinger Information“, soll seine Finger im Spiel haben. „Alle 14 Tage sprechen wir uns sehr ausführlich“, verriet Hunzinger dem Spiegel und lobte Scharping, als „die begabteste derzeitige sozialdemokratische Führungspersönlichkeit“.

Scharping ist zur ritterlichen Männerbeziehung fähig

Hunzingers Sympathie für den obersten deutschen Krieger scheint ungewöhnlich stark zu sein. Scharping sei „fähig zur ritterlichen Männerbeziehung“, schmeichelte der PR-Profi begeistert. Im Falle einer Regierungskrise traut Hunzinger Verteidigungsminister Scharping „als klare Nummer zwei“ sogar den Sprung auf den Kanzlersessel zu. Nur über eines wundert man sich beim Spiegel: daß Scharping für die ausführlichen Gespräche mit Hunzinger keinen Pfennig bezahlen muß, „denn billig ist der Mann nicht. Industrieführer, die Spitzenpolitiker mal außerhalb der Tagesordnung kennenlernen wollen, sind leicht mit einem sechsstelligen Betrag dabei.“ Und der Spiegel-Schreiber staunt: „Da hat Scharping aber Glück.“

Glücklich schätzen kann sich aber auch Moritz Hunzinger, daß sein Unternehmen so gut läuft, daß Politikern keine Rechnungen mehr geschrieben werden müssen und noch in ganz anderen Branchen als der Polit-PR expandiert werden kann: Hunzinger hält 70 Prozent der ehemaligen Daimler-Benz Aerospace (DASA) Firma MBB Security Cars und verkauft gepanzerte Fahrzeuge in alle Welt. 1996 machte die Firma nach eigenen Angaben einen Umsatz von 26 Millionen Mark. Hauptgrund für das gute Geschäft war ein Regierungsauftrag, den Fuhrpark des deutschen SFOR-Truppenkontingents in Ex-Jugoslawien zu panzern. 50 Unimogs und 20 sogenannte G-Modelle habe man damals ausstatten dürfen, bestätigte Pressesprecher Dirk Schmitt, gegenüber der taz. Für Moritz Hunzingers Fahrzeugpanzerer ein lukratives Geschäft, und vielleicht nicht das letzte: „Wenn da noch andere Krisen kommen sollten, kann es durchaus sein, daß noch mehr Autos geordert werden.“ Und wenn Schmitt die derzeitige Lage auf dem Balkan in Betracht zieht, ist er sehr zuversichtlich, daß bald auch weitere Aufträge der Regierung ins Haus flattern: „Das wird langfristig sicher nicht ausbleiben.“

Mit Scharping habe das Geschäft mit gepanzerten Fahrzeugen nicht das geringste zu tun, sagt Johannes Altincioglu, Mitglied der Geschäftsleitung von „Hunzinger Information“ im Auftrag des Beziehungsmaklers Hunzinger. Zum Zeitpunkt der SFOR-Panzerung sei Hunzinger noch nicht Eigentümer von MBB Security Cars gewesen und „den Minister gab es noch nicht“. Auch sei man eigentlich gar nicht beratend für den Verteidigungsminister tätig. „Da wird viel mehr vermutet als da tatsächlich ist.“ Man übe lediglich eine gewisse „Navigationstätigkeit“ aus, so Altincioglu kryptisch. „Wenn ein Politiker sich an uns wendet, muß er davon ausgehen, daß das diskret abläuft.“ Manchmal gebe man auch einen fachlichen Rat. Doch genaueres könne er über die Arbeit der Hunzinger-Agentur und ihr Beziehungsgeflecht nicht sagen. Viel zu sensibel.

Wir üben nur eine gewisse Navigationstätigkeit aus

Man müsse sich Hunzingers Beziehungsmaklerei ungefähr so vorstellen: „Eine große Firma wird von uns betreut, und uns fällt auf, daß die Leistung durch einen Wirtschaftsprüfer optimiert werden könnte. In unserer Kartei haben wir einen und bringen die zusammen.“ Es sei aber „nicht Politik des Hauses, über Dinge zu sprechen, die im Haus passieren.“ Der Spiegel habe die ganze Sache etwas aufgebauscht.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums teilte auf Anfrage mit, „daß der Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, nicht von Herrn Hunzinger beraten wird“. Die Frage nach einer möglichen Auftragsvergabe an MBB Security Cars werde man „prüfen lassen“.