Schleifer Magath geht!

■ Mit dem unerwarteten Abgang des Trainers kündigt auch das Präsidium seinen Rücktritt an / Senat schaut besorgt auf Werders Zukunft wegen des Stadionausbaus

Werder Bremen tritt bis zum Ende der Saison mit dem ehemaligen Amateurtrainer Thomas Schaaf als Chefcoach an. Ex-Trainer Felix Magath hat die Brocken am Sonntag abend hingeworfen – mitten im schlimmsten Abstiegskampf. Sein Verhältnis zum Team war offenkundig total zerrüttet. Magath selbst hat gestern eingeräumt, er hätte stets das Gefühl gehabt, „daß ich nicht zu diesem Verein passe. Die Probleme zogen sich durch die gesamte Saison hin.“ Zeitgleich mit Magaths Abgang kündete das Werder-Präsidium unter Leitung von Franz Böhmert seinen Rücktritt zum Saisonende an.

Zum Aus für Felix Magath äußerte sich Manager Willi Lemke ähnlich wie der Ex-Trainer: „Es gab Schwierigkeiten mit der Mannschaft.“ Vor allem nach der Auseinandersetzung mit Kapitän Andreas Herzog um dessen Kommentare vor laufenden Kameras und seiner öffentlichen Zurechtweisung scheint das Verhältnis nicht mehr zu kitten gewesen zu sein. Magath sagte weiter: „Ich habe in Bremen nicht erfolgreich gearbeitet, so daß ich Konsequenzen ziehen mußte.“ Er sei aber überzeugt, daß die Mannschaft unter dem zunächst eingesetzten Trainer Thomas Schaaf den Klassenerhalt schaffen werde.

Zusätzlich untermauert wurde der plötzliche Abgang durch einen Widerspruch in Lemkes Kommentaren dazu, daß sich Magath nicht mehr von der Mannschaft verabschieden konnte. Nach dem Training erst sei im Trainer der klare Gedanke an seinen Rücktritt gereift. Und erst dann, gegen 20 Uhr habe er Management und Präsidium eingeschaltet. So richtig glaubhaft erscheinen diese Äußerungen des Managers nicht. Denn in einem späteren Nebensatz erwähnte der sichtlich überarbeitete Zusammenhalt des Vereins, Magath sei dann nach der stundenlangen Präsidiumssitzung unter die Dusche gegangen. Warum wohl hat er das nicht direkt nach dem Training gemacht? Schließlich läßt es sich auch beim Duschen vortrefflich nachdenken über die eigene Demission? Lemke jedenfalls wollte sich dazu nicht weiter äußern. Die Vergangenheit will der Manager bis zum Saisonende begraben. „Bis dahin schauen wir nur nach vorne, um den Klassenerhalt zu schaffen“, so seine Durchhalteparole.

Dann wird sich auch die Zukunft des Präsidiums entscheiden. Zum Saisonende treten Klubchef Franz Böhmert, sein Vize Klaus-Dieter Fischer und Schatzmeister Manfred Müller nach teilweise 29 Jahren im Amt zunächst zurück. Dann entscheidet der Ältestenrat über ein neues Präsidium. Daß das alte Trio dann wieder antritt, wollte Lemke nicht ausschließen. Die Betroffenen selbst konnten oder wollten sich dazu nicht weiter äußern. Sie waren nicht anwesend. Für Lemke war dies „kein Kneifen. Die oberste Priorität ist jetzt der Klassenerhalt.“ Die Tatsache, daß es sich nicht um einen direkten Rücktritt handelt, begründete Lemke mit der Verantwortung des Präsidiums für den Verein. Magaths stundenschnellen Entschluß dagegen bezeichnete Lemke nicht etwa als verspätet oder als unehrenhaftes Verlassen der Ratten des sinkenden Schiffes oder eben als nicht verantwortungsbewußt, sondern als „konsequent und ehrenhaft“. Ein Widerspruch? Oder doch und tatsächlich ein sinnvolles Räumen des Trainersessels zum rechten Zeitpunkt, um der Mannschaft das Magathsche Antlitz im Abstiegsstrudel zu ersparen und so letzte Reserven bei Herzog, Bode, Eilts und Co. zu mobilisieren? Lemke blieb bei Durchhalteparolen.

Ob die auch im Bremer Rathaus so einfach akzeptiert werden, bleibt fraglich. Schließlich verhandelt der Verein zur Zeit um die Übernahme des Stadions. Zusätzlich steht dessen Ausbau für 26 Millionen Mark am 18. Mai auf der Tagesordnung des Senats. Rainer Gausepohl, Sprecher der Sportsenatorin, sagte zu dem sportlichen Desaster darum auch: „Bei der Entscheidung über den Ausbau des Stadions wird der Senat die aktuelle sportliche Lage des Vereins sicherlich nicht ausblenden.“ Lemke selbst stellte dazu gestern nur die soliden Finanzen des Vereins in den Fordergrund: „Die Verhandlungen gehen weiter ihren Gang. Ich gehe davon aus, daß der Senat den Stadionausbau beschließt.“ Auch Probleme mit dem Hauptsponsor „o.tel.o“ gebe es nicht. „Das waren die ersten, die angerufen und uns unterstützt haben in der aktuellen Lage“, sagte Lemke. Für ihn ist sogar die Diskussion noch nicht vom Tisch, den Verein Werder Bremen in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln. Lemke stellt zudem eine Umstrukturierung in der Führungsspitze in Aussicht. Konkreter wurde der Manager nicht. Nur bezüglich seiner eigenen Person: „Ich habe dem Präsidium meinen Rücktritt angeboten. Dies ist vehement abgelehnt worden. Jens Tittmann