Querspalte

■ Psycho in Ludwigshafen. Oder: Einen Rudolf, der lacht, pfeift man nicht aus

Neulich hat Rudolf sogar gelacht. Ein Journalist hatte ihn nach diesen Graphitdingern gefragt, die machen, daß alle Serbensicherungen aus dem Schaltkasten fliegen.

Richtig gegluckst hat Rudolf da, weil das so lustige Bomben sind. Ich fand das ermutigend; schließlich suche ich, wenn mein Lieblingsminister zugange ist, stets den Hintergrund instinktiv nach kräftigen jungen Männern in weißen Kitteln ab.

Es gibt viele, die sich um ihn Sorgen machen. Und noch ein paar mehr, die es seinetwegen tun. Hat er jemanden, mit dem er reden kann? Nimmt er Tabletten? Fährt er wieder die Tour de France? Wann marschieren wir auf Peking?

Stern und taz äußern sich bislang nur dezent irritiert über seine äußerst emotionale Intelligenz; der Spiegel schwiemelt, der Mann hätte „ein Problem“.

Nun, wir sind es gewohnt, offen über die Hauptdarsteller anderer Staaten zu reden: Drakovic=Wirrkopf, Jelzin=Spritnik, Clinton=Bock, Miloevic=Mistkackarschsau.

Vor Rudolf jedoch senken verlegen wir den Blick und hoffen, daß alles gut ausgehen bzw. die Kasse die Kosten übernehmen möge. Wir halten inne, wenn er uns eine obskure Fotogeschichte vorräubert, paralysiert von seinem moralingetrübten Blick oder aus Angst, er könnte Geiseln nehmen bzw. Rekruten ziehen.

Doch wer schweigt, macht sich schuldig. Und warum Schuld haben? Es gibt doch genügend Ordonanzen, die einen tranchierten Bus auch ganz passabel schönreden können, und das ohne dieses beunruhigende Flackern in den Augen.

Wenigstens ARD-Mann Deppendorf hat es versucht, hat Rudolf nach diesen sensationellen „Vertreibungsbildern“ gefragt, die vor Monaten noch „Serben sortieren UÇK-Leichen“-Fotos waren.

Da hat der Rudolf einfach zugemacht. Etwa so wie der Oberschenkel von Lothar Matthäus zumacht. Er redete. Redete. Immer weiter.

Deppendorf wollte fragen. Fragte auch. Rudolf redete. Hörte nichts mehr. Schlimme Sache. Deshalb die Mahnung nach Ludwigshafen: Einen Rudolf pfeift man nicht aus. André Mielke