Schafft euch bloß keine Kinder an!

■ Der Paritätische Wohlfahrtsverband diskutierte Wahlbausteine zum Thema Kinderarmut

Nüchterne Zahlenreihen sind der Volksaufklärung zuträglich. Folgende Ziffern beschreiben Kinderarmut in Bremen: 1.) Von 50.000 Sozialhilfeempfängern in Bremen sind 17.000 Kinder. 2.) Gestern kamen zur Vorwahlkampf-Veranstaltung des Paritätischen – Thema Kinderarmut – knapp 15 ZuhörerInnen 3.) Fast jeder dritte 38jährige Deutsche ist kinderlos. 4.) Ein(e) Dreizehnjährige kostet 1.000 Mark im Monat – Familien mit einem Kind haben durchschnittlich 25 Prozent weniger Einkommen als kinderlose; bei zwei Kindern sind's vierzig Prozent. 5.) Jedes vierte Kind im Alter unter sieben Jahren ist Sozialhilfeempfänger. 6.) 63 Prozent der Bremer Alleinerziehenden leben und arbeiten im Niedrigeinkommensbereich – ebenso wie 60 Prozent der Familien mit drei und mehr Kindern.

Soweit ein Auszug aus dem statistischen Material der gestrigen Veranstaltung des Paritätischen: „Wollen wir uns unsere Kinder sparen?“ Referenten waren: Irene Johns vom Sachverständigenrat für den 10. Kinder- und Jugendbericht (1998), Volker Busch-Geertsma von der Bremer Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Heide Rose aus der Sozialbehörde. Ergänzt wurde die Statistik durch einen Bericht von Andrea Wittenhagen- Keck, die sachdienliche Angaben zum Alltag beisteuerte: Auto und Schrebergarten sind Sozialhilfeempfängern von Amts wegen untersagt. Haustiere sind okay – wenn das Viech krank wird, aber kippt das gesamte Monatsbudget. Außerdem sei auch der gemeine Alleinerziehende heute kein knickriger Ökofreak mehr: „Wenn ich mit den einstigen Apfelsinen-Kisten ankomme oder mit der Bremer Tafel: Da laufe ich bei den Leutem gegen die Wand.“ Schon deshalb, weil ihre Klientel das Gemüse heute nicht mehr verarbeiten kann. „Die Leute sind resigniert, deprimiert.“

Konsequenzen? Eine allgemeine Kinderkasse, in die auch Kinderlose einzahlen. Die Idee finden die Sachverständigen alle gut. Nicht neu, aber gut. Mehr Hippy-Einrichtungen, sagt Heide Rose, Sozialbehörde: Zur „Unterstützung von Müttern, um ihren Kindern Lehrerin sein zu können.“ Lehr- und Lernmittelfreiheit, sozialer Wohnungsbau auch für junge Menschen, sagt Karo Linnert (Grüne). Frank Pietrzok (SPD) und Karl-Uwe Oppermann (CDU) saßen da und sagten quasi gar nichts. ritz