Tschüs, Bewag!

■ Erster Privatkunde bekommt Stromrechnung von der Konkurrenz

Das Monopol des Berliner Energieversorgers Bewag brökkelt. Nachdem sich bereits das Berliner Abgeordnetenhaus sowie zahlreiche Berliner Gewerbebetriebe aus dem Bewag-Netz ausklinkten, wechselt in Berlin nun erstmals ein Privatkunde den Anbieter. Ab 1. Mai bekommt Kurt Markert seine Stromrechnung nicht mehr von der Bewag, sondern vom Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE).

Markert, pensionierter Wirtschaftsjurist und ehemaliger Direktor des Bundeskartellamtes, kämpft schon seit langem für die Liberalisierung des Strommarktes und gegen überhöhte Preise.

Im vergangenen März hat Markert, nebenbei noch Dozent an der Freien Universiät, seinen neuen Liefervertrag unterschrieben – zu weitaus günstigeren RWE-Tarifen. „Das kann im Prinzip jeder Kunde machen“, sagt er. Mit dem RWE-Tarif spare er rund 80 Mark jährlich.

Ob nicht nur die Rechnung, sondern auch der Strom vom neuen Anbieter kommt, ist bislang allerings fraglich. Denn die Bewag streitet ab, zur Durchleitung von „Fremdstrom“ verpflichtet zu sein, und will ihre Leitungen dem RWE nicht zur Verfügung stellen. Das vorhandene Bewag-Netz sei komplett ausgelastet, so Firmensprecher Uwe Lemm. „Uns ist es bis zum Ausbau der Leitungen Ende nächsten Jahres nicht möglich, Fremdstrom von außen in den Berliner Westen zu speisen“, so Lemm.

„Daß die Bewag sagt, sie habe für meinen Strom keine Kapazitäten, finde ich lächerlich“, entgegnet Markert. Für die Zukunft sieht er einen massenhaften Wechsel der Privatkunden zu anderen Versorgern voraus: „Vielleicht war ich da Blockadebrecher.“ Bewag-Sprecher Lemm gibt sich gelassener: „Das ist kein Signal, weil es keine Durchleitung für Herrn Markert geben wird.“

Kurt Markert wird seinen Strom zunächst auf jeden Fall zum RWE-Tarif bekommen, auch wenn die Rheinländer diesen mangels „Durchleite“-Erlaubnis vorerst selbst bei der Bewag kaufen müßten. RWE macht ein Verlustgeschäft, aber ein symbolträchtiges.

Nachdem Markert, das RWE sowie Stromversorger aus Baden-Württemberg und Schweden unlängst gegen die Position der Bewag Beschwerde eingelegt haben, beschäftigt sich das Bundeskartellamt mit dem Fall. Dort werden die Sicherheitsstandards des Berliner Stromversorgers derzeit überprüft. „Technisch gesehen, könnte die Bewag ihr Netz stärker belasten“, sagt Klaus Wienike von der zuständigen Abteilung.

Mit einem Ergebnis der Untersuchung und mit einer eventuellen Verfügung gegen die Bewag sei nicht vor Juni zu rechnen, so Wienike. Christoph Rasch