Zeitspiel beim Doppelpaß

Unions-Fraktionschefs wollen Beratung zum Staatsbürgerrecht wegen des Kosovo-Kriegs aussetzen  ■   Aus Bremen Jens Tittmann

Die Konferenz der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden hat die Bundesregierung aufgefordert, vor dem Hintergrund des Kosovo-Kriegs die parlamentarische Beratung zum Staatsangehörigkeitsrecht auszusetzen. Es sei derzeit nicht angemessen, die öffentliche Debatte über dieses problematische Thema zu führen, heißt es in einem gestern in Bremen veröffentlichten Papier. Die zunehmenden ethnischen Konflikte in der Welt müßten wegen ihrer möglichen innenpolitischen Wirkung bei der Neuregelung des Staatsbürgerschaftsrechts eingehend gewürdigt werden. Der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, fürchtet, daß ein Aufflackern des Streits um das Staatsangehörigkeitsrecht die Bereitschaft der Bevölkerung mindere, Flüchtlinge aufzunehmen.

Damit greift die CDU/CSU-Konferenz ein Thema auf, das vor knapp einer Woche in Bremen für Aufsehen gesorgt hatte. Die beiden Bürgermeister Henning Scherf (SPD) und Hartmut Perschau (CDU) hatten einen neuen Vorstoß zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts angekündigt. Als Ziel gaben sie „eine möglichst hohe gesellschaftliche Akzeptanz“ an. Inhaltlich wollten sie sich bisher nicht näher äußern. Denn zunächst gilt es, Zeit zu gewinnen. Das wollen die Bremer Politiker offenbar jetzt mit Unterstützung Schäubles bundesweit erreichen. Denn das Gesetzesmodell der Bundesregierung unter Billigung durch die FDP steht in dritter Lesung bereits am 6. Mai auf der Tagesordnung des Bundestages. Das Bremer Vorhaben wurde denn auch von der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marie Luise Beck, als „Luftnummer“ bewertet. Aus dem Innenministerium hieß es lediglich: „Wir bleiben bei unserer bisherigen inhaltlichen und zeitlichen Planung.“