Die Nato hält an ihrer bisherigen Strategie fest

■ Nach Grenzgefechten nehmen Spannungen zwischen Jugoslawien und Albanien zu

Die Nato besteht auf der Rückkehr der aus dem Kosovo vertriebenen Menschen und ihrem Schutz durch eine internationale Friedenstruppe. Das sagte Nato-Generalsekretär Javier Solana gestern nach einem Treffen der Nato-Außenminister in Brüssel. Dazu gehöre auch die Stationierung einer internationalen Truppe im Kosovo. Angesprochen, ob die Nato nicht weiter darauf bestehe, diese Friedenstruppe auch zu führen, sagte Solana: „Ich kann mir keine Lage vorstellen, in der die Nato- Länder, die den größten Anteil einsatzfähiger Soldaten stellen werden, nicht das Sagen haben.“

Die Außenminister der 19 Nato-Staaten verabschiedeten bei ihrer gestrigen Sondersitzung eine gemeinsame Erklärung, in der das Bündnis das Festhalten an der bisherigen Strategie der Luftangriffe bekräftigte, so lange, bis der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević fünf Bedingungen akzeptiert. Dazu gehören der Abzug der Truppen aus dem Kosovo, die ungehinderte Rückkehr der Flüchtlinge sowie die Stationierung einer internationalen Friedenstruppe.

Bundesaußenminister Joschka Fischer äußerte die Hoffnung, mit Rußland in den kommenden Tagen eine diplomatische Friedensinitiative finden zu können. Diese Woche werde entscheidend sein für eine politische Lösung und ein „Schweigen der Waffen“ im Kosovo-Krieg, sagte Fischer (siehe Artikel auf dieser Seite).

Parallel zu den Beratungen in Brüssel gingen denn auch die Nato-Angriffe auf Ziele in Restjugoslawien unvermindert weiter. Nach Angaben aus Brüssel wurden in der Nacht zu Montag die Ölraffinerie in Pancevo, ein Heizkraftwerk in Krusevac und erneut das Autowerk Zastava, in dem auch Militärfahrzeuge gebaut werden, getroffen. Nach jugoslawischen Militärangaben wurde auch ein Personenzug getroffen. Es habe Tote und Verletzte gegeben, verlautete am Montag im Pressezentrum der Streitkräfte in Belgrad. Der Zug sei auf der Fahrt von Leskovac nach Skopje gewesen, der Hauptstadt Makedoniens. Unbestätigten Berichten zufolge fuhr der Zug gerade über eine Brücke, als er getroffen wurde. Militärisch wichtige Brücken gehören zu den Zielen der Nato-Angriffe.

An der Grenze zwischen dem Kosovo und Albanien kam es in den letzten beiden Tagen nach Angaben der OSZE zu den schwersten Kämpfen seit Wochen. Dabei seien drei albanische Zivilisten und vier Mitglieder der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK getötet worden. Bei den Kämpfen seien auch Granaten eingesetzt worden, von denen einige in albanischen Dörfern und Grenzposten eingeschlagen seien. Drei UÇK-Leute und ein europäischer Journalist hätten bei Padesh nahe der nordalbanischen Ortschaft Tropoje schwere Verletzungen erlitten, sagte ein OSZE- Sprecher in Tirana.

Albanien, das wegen der Grenzscharmützel ein Übergreifen des Kosovo-Konflikts auf sein Territorium befürchtet, hat die Nato um militärische Unterstützung gebeten. Innenminister Petro Koci erklärte gestern, die Nato müsse die grenznahen jugoslawischen Artilleriestellungen zerstören. Am Vortag hatte Außenminister Paskal Milo gesagt, Albanien sei bereit, weitere Nato-Truppen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen. Die Allianz werde auch die Kontrolle über den albanischen Luftraum, die Häfen und die „militärische Infrastruktur“ des Landes übernehmen, kündigte der Minister an.

Im Staatsfernsehen des restjugoslawischen Bundeslandes Serbien, RTS, hingegen wurde Albanien vorgeworfen, die UÇK zu unterstützen. Seit drei Tagen werde vom albanischen Grenzgebiet aus auf die jugoslawischen Grenzposten in Morina und Kosare gefeuert, berichtete RTS. Reuters/AP/dpa/AFP