Neuer tödlicher Virus in Malaysia entdeckt

■ Bereits über 100 Tote durch mysteriösen Virus in Malaysia und Singapur – Erreger wird offenbar über Schweine übertragen. Schon 850.000 Tiere aus Seuchenangst getötet

Bangkok (taz) – 117 Menschen sind bislang an einer mysteriösen Krankheit gestorben, die seit einem halben Jahr in Malaysia und Singapur grassiert und offenbar vom Schwein übertragen wird. Die malaysische Armee hat inzwischen 850.000 Schweine getötet.

Obwohl Seuchenexperten aus aller Welt fieberhaft versuchen, den Schweinevirus zu bestimmen, stehen sie immer noch vor einem Rätsel: „Wir wissen nicht, ob er hochinfektiös ist, wir wissen nicht, wie die Menschen angesteckt werden“, sagt ein Sprecher des amerikanischen Zentrums für Seuchenkontrolle (CDC), Tom Skinner, am Wochenende.

Nur soviel ist bislang klar: Die bisher gehandelte Erklärung, es handele sich um eine Form einer altbekannten Hirnhautentzündung, die „japanische Enzephalitis“, hat sich inzwischen als falsch erwiesen. Offenbar wird die Krankheit auch nicht von Mücken übertragen. Die Weltgesundheitsorganisation vermutet, die Ansteckung geschehe „durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Schweinen“.

Die malaysischen Behörden benannten den Virus inzwischen nach dem Ort Sungai Nipah südöstlich der Hauptstadt Kuala Lumpur, wo er am häufigsten auftrat, „Nipah-Virus“. 229 Personen sollen bislang erkrankt sein; fast alle arbeiteten in der Schweinezucht oder in Schlachtereien. Die Krankheit kündige sich zunächst mit hohem Fieber, Kopfweh und Muskelschmerzen an. Touristen seien bislang nicht betroffen.

Experten sind besorgt, da der Nipah-Erreger zu jener wachsenden Zahl neuer Virenstämme zählt, die erst in den vergangenen Jahren auftauchten. Weil immer mehr Menschen durch die Welt reisen und Nahrungmittel und andere Güter von Kontinent zu Kontinent schleppen, verbreiten sich leicht unbekannte Krankheiten.

Der „Nipah“ hat Ähnlichkeiten mit einem anderen Erreger, dem Hendra-Virus, der 1994 in Australien bei Pferden und Menschen auftrat und von Fledermäusen übertragen wurde. Zwei Menschen und 15 Rennpferde starben bisher an diesem Virus, berichtete der CDC in seinem Morbidity and Mortality Weekly Report.

Vorsichtshalber wollen die Gesundheitsbehörden in Malaysia nun auch die Pferde des Landes testen. Die malaysische Tagszeitung The Star warnt schon vor einer neuen Katastrophe: Falls die Untersuchung positiv ausfällt, müssen womöglich mindestens 1.400 Rennpferde getötet werden – darunter sehr teure Tiere. Jutta Lietsch