Drei Lausbuben und vier Katzen

■ Der Brandenburger Roy Präger über seine fußballerische Entwicklung und kein Wort zum HSV

Zur neuen Saison wechselt der Wolfsburger Stürmer Roy Präger zum Hamburger SV. Er soll eine entscheidende Rolle in der Infrastruktur der sich immer noch im Umbruch befindenen Mannschaft spielen. Wenn es nach HSV-Trainer Frank Pagelsdorf geht, soll in der kommenden Saison nicht nur das Volksparkstadion sondern auch das Team fertiggestellt werden.

„Wir wollen im Jahre 2000 international dabei sein“, doziert der Übungsleiter: „Mit Roy Präger.“ Pagelsdorf sieht dessen Qualitäten im Pressing: „Seine Aufgabe soll sein, die Gegner schon in deren Hälfte zu attackieren, sie unter Druck zu setzen.“ Präger empfiehlt sich für des Trainers Anliegen: „Ich bin giftig, ehrgeizig, habe einen schnellen Antritt und ein gutes Auge für den Mitspieler.“ Er ist kein Strafraum-Stürmer, sondern spielt alles, „was mit offensiv zu tun hat, am liebsten über rechts.“ Die schwache Seite des HSV.

Frech ist der 27jährige nicht nur auf dem Platz. Roy Prägers Berliner Mundart paßt zu seinem Spielwitz. Er ist etwa 40 Kilometer südlich von Berlin, „in einem kleinen Ort mit drei Lausbuben und vier Katzen namens Kummersdorf-Fernneuendorf“ aufgewachsen. Auf dem Dorf habe man außer Buffen nichts machen können. „Mein Vater war dann mein erster Trainer bei Kummersdorf-Fernneuendorf. Ich war damals sieben“, erinnert sich der immer noch spitzbubig wirkende Präger. Mit 14 fiel er bei der Spartakiade dann Jugendtrainern von Stahl Brandenburg auf.

„Ich wechselte nach Brandenburg, spielte erst in der Jugend, dann in der Juniorenoberliga und letztlich in der ersten Mannschaft“, erläutert Präger seine fußballerische Sozialisation. Er war so etwas wie ein Modernisierungsgewinner. Seine erste DDR-Oberligasaison spielte Präger, gerade mal 18jährig, in der Saison 1989/90, danach war die Wiedervereinigung und jungen Ost-Talenten der Weg in eine Profilaufbahn im Westen geebnet.

„Für uns junge Spieler war das total positiv“, erinnert sich der flinke Außenstürmer. Alle hätten auf einmal gerufen: „Super, die Wende ist da.“ Die Chancen seien größer gewesen, als Fußballer weiterzukommen, „nicht nur finanziell, auch sportlich“. Den Klubs im Westen empfahl Präger sich, als er mit Stahl Brandenburg über die Relegation die Zweite Liga erreichte. Er schoß ein wichtiges Tor und Fortuna Köln schlug zu. Ein Volltreffer. Die Zeit in der Domstadt sei „sehr schön und erfolgreich“ gewesen. „Wir stiegen fast auf, und ich wurde in der Kicker-Rangliste zum besten Stürmer der Zweiten Liga gekürt“, resumiert Präger die damaligen Ereignisse. Sein sportlicher Ziehvater war der Kölner Trainer Gerd Roggensack, ihm habe er „viel zu verdanken“. Roggensack war es dann auch, der den ein wenig an Michel aus Lönneberga erinnernden Blondschopf zur Saison 1995 nach Wolfsburg lotste.

„In Wolfsburg hatte ich meine schönste Zeit“. Besonders hervorheben möchte Präger das letzte Jahr, in dem Wolfsburg fast abgestiegen wäre. Er schoß dreizehn Tore und empfahl sich für Höheres. Es war Willi Reimann, der den etwas störrischen Brandenburger letztendlich formte. „Das war ein harter Hund, mit weichem Kern und verstecktem Witz“, dankt Präger dem heutigen St.Pauli-Coach, er habe „den Sturkopf Präger ein wenig besänftigt“.

Ansonsten will Präger nichts von Hamburg wissen – noch nicht. „Ich äußere mich nicht zu meinem neuen Verein. Ich habe noch zehn Spiele für den VfL Wolfsburg“. Nur eines verrät er am Schluß, angesprochen, ob ein Auge beim Verlassen der VW-Metropole weint: „Nee!“, tönt dann die Berliner Schnauze, „absolut nicht. Ich habe viel erreicht, jetzt will ich etwas Neues erfahren“.

Martin Sonnleitner