Die Hoffnung auf Frieden eint die Albaner

Trotz ihrer unmittelbaren Nachbarschaft waren die Bewohner Albaniens, des Kosovo und Makedoniens seit dem Ende des Osmanischen Reiches voneinander getrennt. Das Elend der Vertreibung hat sie jetzt wieder enger zusammengeführt  ■ Von Fabian Schmidt

Tausende albanische Familien haben Vertriebene aus dem Kosovo aufgenommen, das Elend der Vertreibungen hat in Albanien und Makedonien eine Welle der Solidarität ausgelöst. Die albanische Regierung hat es geschafft, eine festere Beziehung zum kosovarischen Schattenstaat, zur Kosovo-Befreiungsarmee und zu den makedonischen Albanern aufzubauen als je zuvor.

Es kam zu einer weitreichenden Einigkeit unter verschiedensten politischen Fraktionen innerhalb des Kosovo, die es ermöglichte, daß die kosovo-albanische Delegation in Rambouillet das Friedensabkommen unterzeichnete. Die Delegation konnte diesen weitgehenden Schritt – der im Prinzip den Verbleib des Kosovo sowohl innerhalb Jugoslawiens, als auch innerhalb der Teilrepublik Serbien zusicherte –, in der kosovarischen Öffentlichkeit nur rechtfertigen, da sich damit eine glaubwürdige Aussicht auf Frieden und mögliche Prosperität bot.

Trotz ihrer unmittelbaren Nachbarschaft waren Kosovo und Albanien seit Ende des Osmanischen Reichs strikt voneinander getrennt. Mit der Ausnahme einer kurzen Periode im Zweiten Weltkrieg (in der die Achsenmächte Kosovo an Albanien angliederten) gehörte fortan Kosovo zu Jugoslawien, welches nur begrenzte Kontakte zu Albanien pflegte. Dieser Bruch verstärkte sich in der Zeit des eigentümlichen nationalistisch geprägten Kommunismus in Albanien unter Enver Hoxha und seinem Nachfolger Ramiz Alia.

Mit der Aufhebung der Autonomie des Kosovo 1989 durch die serbische Führung unter Slobodan Milošević gingen Massenentlassungen albanischer Arbeiter und Angestellter einher, während Teile des alten kosovarischen Parlaments Untergrundwahlen organisierten und eine Untergrundregierung ernannten. Zunächst erklärte das Parlament Kosovo zu einer Republik innerhalb Jugoslawiens und erklärte es nach einem Referendum 1991 zur unabhängigen Republik. Das Parlament Albaniens, noch von der Kommunistischen Partei der Arbeit Albaniens nach den ersten freien Wahlen dominiert, forderte damals die Übergangsregierung dazu auf, Kosovo anzuerkennen, jedoch vollzog weder sie noch eine der späteren Regierungen diesen Schritt.

Während also Albanien de facto die kosovarische Regierung anerkannt hat, ist es nicht zu einer völkerrechtlichen Anerkennung gekommen. Das äußert sich auch darin, daß der kosovarische Vertreter in Tirana, Ilaz Ramajli, nicht einer „Botschaft“ vorsteht, sondern dem „Büro der Republik Kosovo“, auch wenn sie sich in der Botschaftsstraße nahe der deutschen, griechischen, britischen und chinesischen Botschaft befindet.

Bis 1992 litt Albanien jedoch auch selbst unter erheblichen wirtschaftlichen Problemen, die in einer Massenflucht nach Griechenland und Italien ihren Höhepunkt fanden. Daher mußte es seine Prioritäten zu Hause setzen. Es war auf das Wohlwollen westlicher Staaten angewiesen, in der Hoffnung Investitionen für die am Boden liegende Industrie zu beschaffen. Eine formale Anerkennung des Kosovo konnte jedoch Albanien erheblichen diplomatischen Schaden zufügen.

Dies galt jedoch nicht in den albanischsprachigen Medien sowohl in Albanien, als auch im Kosovo und Makedonien. Die Medien begannen gezielt die Problematik zu vermeiden, offensichtlich mit der Absicht Konflikte über Strategie und politische Konzepte nicht an die Oberfläche kommen zu lassen.

Diese Medienpolitik hatte den Effekt, daß die Mehrheit der Kosovaren bis 1997 den Eindruck bekamen, daß der Garant ihrer Interessen der damalige Präsident Sali Berisha war, der selbst aus Nordalbanien war und einer nationalistischen Lobby verbunden war. Gleichzeitig versuchten die Medien unter Kontrolle von Berishas Partei, die reform-kommunistische Opposition, die nun ein sozialdemokratisches Programm westlicher Prägung angenommen hatte, mit dem Vorwurf sie seien „anti- national“ zu diskreditieren. Diese Vorwürfe ergänzten die Regierungsmedien dadurch, daß sie auf eine angeblich griechische Herkunft des inhaftierten Oppositionsführers Fatos Nano und des damaligen Vorsitzenden der kleinen Sozialdemokratischen Partei und heutigen Außenministers Paskal Milo verwiesen.

Gleichzeitig betrachtete Anfang der 90er ein Großteil der albanischen Albaner die Kosovaren und makedonischen Albaner mit Skepsis. Einige Kosovaren kamen nach Tirana, um Geschäfte zu machen. Sie hatten damals in dem verarmten Land gute Ausgangsbedingungen, was auch den Neid der Bevölkerung erregte. Zudem kamen einige windige Geschäftsleute nach Albanien. Einer war der kosovarische Unternehmer Ajdin Sejdia, der versprach, ein riesenhaftes Hotel im Zentrum von Tirana zu errichten. Als aufflog, daß er Gelder veruntreute, blieb von dem Plan nur ein Loch hinter dem Kulturpalast. Sejdia sitz derweil in einem Schweizer Gefängnis.

Nach den Unruhen im Jahre 1997 und neuen Wahlen, in denen die sozialistisch geführte Opposition gewann, hatte die albanische Regierung unter Premierminister Fatos Nano erhebliche Probleme, Vertrauen zu den Kosovaren aufzubauen. Kosovarische und rechte albanische Medien hatten ihm vorgeworfen, Milošević in Athen anläßlich einer Balkankonferenz getroffen zu haben, was sie als „Verrat“ ausschlachteten. Erst nach Nanos Rücktritt im Herbst 1998 gelang es dem jungen und dynamischen Pandeli Majko als Premierminister, das Eis zu der kosovarischen Führung zu brechen.