Menschenrechte kein Thema

Nach dem ungelösten Streit über Birma treffen sich heute asiatische und europäische Außenminister zum Dialog über Kosovo-Konflikt und Asienkrise  ■ Aus Berlin Sven Hansen

Bei dem heute in Berlin stattfindenden Außenministertreffen von 25 asiatischen und europäischen Staaten (Asem) sowie der EU- Kommission steht das Thema Menschenrechte nicht auf der offiziellen Tagesordnung. Dies räumten Sprecher der deutschen und japanischen Delegation gegenüber der taz ein. Bei dem unverbindlichen Dialog gehe es um die Lage im Kosovo, in Rußland, auf der koreanischen Halbinsel und in Kambodscha. Weitere Themen seien die Asienkrise und der Euro. Auch soll der Entwurf eines „Vision Statements“ diskutiert werden, in dem Vorschläge zum Ausbau der Beziehungen gemacht werden.

Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik erwartet von dem Asem-Treffen keine substantiellen Beschlüsse, betont aber die Wichtigkeit des Dialoges. Denn das ursprünglich für morgen geplante Treffen der EU-Außenminister mit ihren Kollegen der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean ist wegen des Streits um die Teilnahme Birmas geplatzt. Die EU-Staaten hatten wegen Menschenrechtsverletzungen in Birma ein Einreiseverbot für Mitglieder der dortigen Junta beschlossen und waren nicht bereit, dieses für das Treffen aufzuheben. Die Asean-Staaten, zu denen Birma gehört, hatten dagegen auf einer Teilnahme Ranguns bestanden.

Wegen der festgefahrenen EU- Asean-Beziehungen wollen die Europäer das Thema Menschenrechte beim Asem-Treffen offenbar nicht hoch hängen. Denn neben China, Japan und Süd-Korea gehören sieben der zehn asiatischen Asem-Mitglieder auch zur Asean. Laut Auswärtigem Amt wollten einige europäische Minister trotzdem die Menschenrechte ansprechen. Ein Streit über die Nato-Angriffe gegen Jugoslawien sei nicht zu erwarten. Die Asiaten sind sich in dieser Frage uneins. Während etwa China den Nato-Einsatz scharf verurteilte, äußerten Japan und Malaysia Verständnis.

Bereits am Wochenende trafen sich in Berlin Vertreter von regierungsunabhängigen Organisationen, um über die gesellschaftlichen Folgen der Asienkrise zu diskutieren. „Die Krise ist eine Chance für die Stärkung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit“, sagte der Friedensnobelpreisträger und Sprecher der osttimoresischen Unabhängigkeitsbewegung, José Ramos- Horta. Dies zeige Indonesien, wo der Diktator Suharto gestürzt worden sei. Wenn das Land keine politischen Reformen durchführe, drohe ihm die Balkanisierung. Vertreter von amnesty international verwiesen demgegenüber darauf, daß sich durch die Krise die Lage der Menschenrechte vielfach verschärft habe. So würden in zahlreichen Staaten Gewerkschaften in ihrer Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit behindert. Amnesty forderte die Asem-Minister auf, ihren Dialog mit konkreten Schritten zum Schutz der Menschenrechte zu verbinden.

In einer Resolution fordern die regierungsunabhängigen Organisationen, die heute kurz mit Außenminister Joschka Fischer zusammentreffen, eine stärkere Einbeziehung gesellschaftlicher Gruppen in den Asem-Dialog. So kritisieren sie, daß das „Vision Statement“ ausschließlich von Männern erarbeitet worden sei. Die 26 Autoren rekrutierten sich aus Chefetagen von Banken, Industrien und Universitäten. Während auch ein General dabei war, fehlten Vertreter sozialer Bewegungen.

Entsprechend sieht das Dokument aus, das die Perspektive der asiatisch-europäischen Zusammenarbeit formulieren soll. In dem der taz vorliegenden Entwurf werden die Menschenrechte erst auf Seite 32 beiläufig erwähnt. Zuvor wird ausführlich die Notwendigkeit der Liberalisierung bei Handel und Finanzen betont. Während im Finanzsektor stärkere Transparenz angemahnt und die Wichtigkeit präziser Informationen betont wird und auch die Kooperation in der Informationstechnologie gestärkt werden soll, ist die Informationsfreiheit kein Thema. Dafür soll die Zusammenarbeit im Nuklearbereich angestrebt werden.