Und wieder stirbt ein General

■ Der Tod von Ex-Diktator Idiagbon bewegt das abergläubische Nigeria

Berlin (taz) – Plötzliche Herzstillstände sind in Nigeria zumeist politische Ereignisse. Nach Diktator Sani Abacha und Demokratenheld Moshood Abiola hat es nun Generalmajor Babatunde Idiagbon getroffen, eine der schillerndsten Figuren in Nigerias Militär. Der 54jährige starb am Dienstag.

Idiagbon war zwar nur kurz an der Macht, hinterließ dafür aber um so mehr Eindruck. Zusammen mit Muhammadu Buhari stürzte er am Silvesterabend 1983 Nigerias vier Jahre alte Zivilregierung und läutete eine Zeit der Militärdiktatur ein, die jetzt allmählich zu Ende geht. Formal war er die Nummer zwei der Junta, in der Praxis aber die sichtbarere Figur. Bevor das Gespann Buhari/Idiagbon im August 1985 von anderen Militärs gestürzt wurde, regierte es wie Herkules im Augiasstall.

Die korrupten Politiker der Zivilregierung wurden gnadenlos verfolgt – einer wurde aus seinem Londoner Exil in einer Holzkiste nach Nigeria entführt. Presse und Gewerkschaften wurden geknebelt, die Gesellschaft mit einem Kreuzzug für Moral überzogen.

An Idiagbons berühmten „Krieg gegen Disziplinlosigkeit“ erinnerte sich gestern die Zeitung Vanguard voller Wehmut: „Die Opfer dieser Kampagne waren die regulären disziplinlosen Mitglieder der nigerianischen Elite, die ihre Geschäfte nach nigerianischer Art zu pflegen beliebten, die auf der falschen Straßenseite fuhren und die Pracht ihrer Mercedesse vorzeigten, indem sie in der Mitte der Straße anhielten und sich lange gegenseitig begrüßten oder stritten ... Nigerianer begannen, mit einem Sinn für Ordnung zu leben. Beim Warten auf Busse standen sie Schlange. Niemand pinkelte, außer dort, wo es vorgesehen war.“

Idiagbon ist nach 1985 nie wieder politisch aktiv geworden. Aber sein Name tauchte immer dann auf, wenn Nigerianer von einem neuen starken Mann zum Ausmisten des Saustalls an der Staatsspitze träumten – auch, als letztes Jahr nach möglichen zukünftigen zivilen Präsidenten gesucht wurde. Da Idiagbon nicht reagierte, einigte man sich auf Obasanjo, der mit seinem unspektakulären und jovialen Auftreten das genaue Gegenteil des grimmigen Idiagbon darstellt. Obasanjo hatte 1979 die Politiker an die Macht gebracht, die Idiagbon 1983 stürzte – nun geben die Loblieder auf den toten Idiagbon einen Vorgeschmack darauf, welcher Art von Kritik der gewählte neue Präsident Obasanjo eines fernen Tages möglicherweise selber zum Opfer fallen könnte.

Dominic Johnson