Feuerwehrfrau will bei Grünen löschen

Der Bundestagsabgeordnete Matthias Berninger bekommt im Kampf um den hessischen Parteivorsitz überraschend zwei Gegenkandidaten: Uschi Wichmann und Roland Kern treten als Doppelspitze an  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) – Die von Matthias Berninger nach der Hessenwahl herbeigeredete „liberale Kleinpartei“, die den Grünen angeblich das Überleben garantiere, wollen sie mit allen Mitteln verhindern – und den 28 Jahre jungen Protagonisten dieser „verqueren Zukunftsvison von einer Öko- FDP“ gleich mit. Das grüne Urgestein Roland Kern (50) und Uschi Wichmann (36), die „Powerfrau vom Lande“, wie sie sich selbst bezeichnet, treten am Sonnabend auf dem Landesparteitag der hessischen Grünen gegen den Bundestagsabgeordneten Berniger an. Sie wollen den vakant gewordenen Landesvorstandsposten als Doppelspitze besetzen.

Kern vom Kreisverband Offenbach-Land ist Rechtsanwalt und war in den 80er Jahren Landtagsabgeordneter. Die Kommunalpolitikerin Wichmann mit den „klassischen grünen Arbeitsschwerpunkten“ Frauen, Jugend und Umwelt ist in ihrer Heimatgemeinde im nordhessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg auch Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Kern bezeichnet sie als einen „Glücksfall“ für die Partei: „Es brennt bei den Grünen, und zum Löschen kommt jetzt die Feuerwehrfrau.“

Die grüne Hütte steht seit der Hessenwahl (minus 4,1 Prozent) tatsächlich in Flammen. Die Partei müsse „umfassend reformiert und neu positioniert“ werden, fordert Berninger, der nur Tage nach dem Desaster vom 7. Februar seine Kandidatur für das Amt des Landesvorstandssprechers angemeldet hatte. Seine „neue“ Programmatik: Familienpolitik sowie Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Kern und Wichmann wollen die Landespartei dagegen behutsamer reformieren. Und ihre Programmatik ist im Kern die alte. „Die Grünen sind und bleiben eine Öko-Partei“, behauptet Kern. Knapp 100 gestandene KommunalpolitikerInnen haben einen von Kern konzipierten Antrag an die Landesversammlung unterschrieben, der sich gegen die Abwertung der Umweltthematik durch die von ihm augenzwinkernd „Yuppies“ genannten Parteifreunde richtet. „Technologischer Fortschritt ist im Sinne eines ökologischen Umbaus der Industriegesellschaft, für Freiheit und Emanzipation der Menschen – für ein besseres Leben – nutzbar zu machen“, heißt es darin. Eine Revison etwa der ablehnenden Haltung der Grünen zum Flughafenausbau ist für die UnterzeichnerInnen „nicht hinnehmbar“.

Erneuerer gegen Traditionalisten, Youngsters – wie Berninger und der Landtagsabgeordnete Tarek Al-Wazir – gegen Oldies? Um in Hessen Parteichef werden zu können, braucht „Yuppie“ Berninger eine Zweidrittelmehrheit für eine Satzungsänderung zur Abschaffung der Trennung von Amt und Mandat. Kern ist „im Prinzip“ auch dafür: „Die Trennung von Amt und Mandat war ein politischer Fehler.“ Doch Kern fordert zuvor eine andere Satzungsänderung. Nur für ein „Arbeitsjahr“ statt für zwei solle der neue Vorstand gewählt werden.

Für ein Jahr hat auch der Regierungsdirektor von Gießen, Hartmuth Bäumer, seine Kandidatur angemeldet. Ein Triumvirat bei den Grünen in Hessen? Ausgrenzen wollen Kern und seine Anhänger Berninger aber nicht. „Als Vertreter der jungen Generation bleibt er zur Mitarbeit an der Parteispitze aufgefordert.“