Denkfabriken

Think Tanks (deutsch: Denkfabriken) sind private, nicht gewinnorientierte Institutionen, die politikrelevante Fragestellungen behandeln und wissenschaftliche Ergebnisse produzieren.

Weltweit gibt es davon rund 3.000, fast die Hälfte davon in den USA. Das Wachstum ist derzeit in Europa (rund 600 Denkfabriken) stärker; in Asien und Afrika wird es (u.a. von der Weltbank) gefördert.

In Deutschland können rund achtzig Institutionen außerhalb der Universitäten zu dieser Kategorie gezählt werden, die Hälfte davon sind seit Anfang der siebziger Jahre gegründet worden.

Entstanden sind die Denkfabriken in den USA immer in Schüben, die neuen Problemlagen folgten: Die ersten, Anfang des Jahrhunderts, widmeten sich vor allem der sozialen Frage. Die zweite Welle, nach dem Ersten Weltkrieg, beschäftigte sich mit internationalen Themen wie der Friedensordnung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die großen sicherheits- und außenpolitischen Institute (wie die „Rand Corporation“) gegründet.

Mit dem Ausbau des Wohlfahrtsstaates erlebte in den sechziger Jahren die Auftragsforschung zu Fragen der Sozialpolitik ihren Boom. In der Bundesrepublik begann in den siebziger Jahren ein Gründungsfieber im Bereich der Umwelt- und Technikpolitik.

Die US-Denkfabriken sind im wesentlichen privat finanziert. Die traditionellen Beratungsinstitute (wie „Brookings Institution“) werden auch als Universitäten ohne Studenten bezeichnet.

In den siebziger und achtziger Jahren entstanden im Zuge des von den Republikanern erklärten „Krieges der Ideen“ zahlreiche konservative Denkfabriken (“Heritage Foundation“, „Cato Institute“). Demokraten und liberale Linke reagierten mit eigenen Gründungen (“Progressive Policy Institute“, „Institute for Policy Studies“).

In Deutschland ist, mit Ausnahme der Bertelsmann Stiftung, die Abhängigkeit von Staatsgeldern hoch (die großen Institute werden mit jeweils zirka zehn bis fünfzehn Millionen Mark jährlich gefördert), was ihren Hang verstärkt, sich vor allem wissenschaftlich auszuweisen und die Sprache ihrer Studien eher an akademischen Standards als an Verständlichkeit auszurichten.

Aus dem gleichen Grund möchten nur wenige von ihnen als interessengeleitet wahrgenommen werden. Ausnahmen: die verbandsnahen Institute (das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftiche Institut [WSI] der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung oder das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft).

Einige deutsche Denkfabriken: Bertelsmann Stiftung (Gütersloh), Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik (Bonn), Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (Frankfurt), Institut für Frieden und Entwicklung (Duisburg), Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (Hamburg), Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (Bonn), Öko-Institut (Freiburg und Darmstadt), Südost-Institut (München), Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. MR

Die vorstehenden Informationen verdanken sich überwiegend dem Vortrag Zur Rolle wissenschaftlicher Think Tanks von Martin Thunert, Hamburg (E-Mail: martin.thunert§t-online.de)