Aus für Nationalpark

■ Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg hat bundesweite Folgen

Hannover (taz) – Das Land Niedersachsen will um den Nationalpark in der Elbtalaue nicht mehr kämpfen. Am Montag hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die erst vor einem knappen Jahr erlassene Nationalparkverordnung für nichtig erklärt. Das Land werde aller Voraussicht nach keine Rechtsmittel einlegen, erklärte das niedersächsische Umweltministerium gestern. Nun wird überlegt, in der Elbtalaue statt dessen ein Biosphärenreservat einzurichten.

Die landwirtschaftliche Nutzung im niedersächsischen Elbtal zwischen Lauenburg und Schnakenburg müßte für ein solches Reservat nicht eingeschränkt werden. Vor der Einrichtung eines Biospärenreservats in der Elbtalaue muß allerdings zunächst das niedersächsische Naturschutzgesetz geändert werden, in dem bisher solche Reservate noch nicht vorgesehen sind. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Lüneburger Urteils für alle bundesdeutschen Nationalparks hat sich das niedersächsische Umweltministerium inzwischen an das Bonner Umweltministerium gewandt und dort eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes angeregt. Die Lüneburger Entscheidung bedrohe auch die übrigen 13 Nationalparks, sagte Kremer-Heye gestern.

Das Oberverwaltungsgericht hatte sich in seinem Urteil gegen den Nationalpark Elbtalaue auf das niedersächsische Naturschutzgesetz berufen. Danach muß sich ein Nationalparkgebiet „in einem vom Menschen nicht oder nur wenig beeinflußten Zustand“ befinden. Die Elbtalaue sei aber eine vom Menschen gestaltete Kulturlandschaft, urteilten die Lüneburger Richter. Niedersachsen hat seine Nationalparkdefinition allerdings nur aus dem Bundesnaturschutzgesetz übernommen, und die gleiche Definition findet sich auch in den internationalen Nationalparkrichtlinien.

Da auch in den übrigen deutschen Nationalparks keineswegs vom Menschen unberührter Urwald, sondern vor allem Kulturlandschaften unter Schutz gestellt wurden, in die die Natur nach und nach zurückkehren soll, hält Nidersachsen eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes für notwendig, mit der die Nationalparkdefinition den tatsächlichen Gegebenheiten angepaßt wird.

Daß es weiteren Nationalparks an den Kragen gehen könnte, machte gestern der Bundesverband der Nationalparkbetroffenen, der sich gegen Nationalparks einsetzt, deutlich. Dessen Vorsitzender Matthias Schenke lobte das Lüneburger Urteil mit den Worten: „Jetzt muß sich auch in Deutschland der Naturschutz an die internationalen Maßstäbe für Nationalparks halten.“ Der Zahnarzt aus dem Schleswig-Holsteinischen Schobüll sieht jetzt große Chancen für die Klagen, die gegen die Nationalparks Harz und Bayrischer Wald bereits anhängig sind. Auch die von der weiteren Nutzungseinschränkung im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer betroffenen Fischer sollten jetzt den Klageweg beschreiten, empfahl Schenke.

Das Bundesumweltministerium hält es für überflüssig, das Nationalparkgesetz nun zu ändern. Der gescheiterte Nationalpark Elbtalaue sei ein Sonderfall, da die übrigen Nationalparkgebiete doch weitaus naturnäher seien, sagte ein Ministeriumssprecher. Jürgen Voges