„Aus der Botschaft gelockt und verschleppt“

■ Öcalans deutscher Anwalt Eberhardt Schultz über die Verhaftung des PKK-Chefs in Nairobi

taz: Was fürchten Sie, blüht Ihrem Mandanten jetzt?

Eberhardt Schultz: Ich fürchte Schlimmstes. Nachdem, was man weiß, wie in der Türkei PKK-Aktivisten behandelt werden, kann das schlimmste Folter sein bis hin zu Mord oder Verschwindenlassen. Jedenfalls kein rechtsstaatliches Verfahren.

Droht ihm die Todesstrafe?

Davon ist auszugehen. In den türkischen Medien ist er ja bereits in einer Hetzkampagne als oberster Terrorist und Staatsfeind Nummer 1 vorverurteilt worden.

Was werden Sie jetzt als sein Anwalt unternehmen?

Ich werde versuchen, Herrn Öcalan zu besuchen und ein unüberwachtes Gespräch mit ihm zu führen. Ich gehe davon aus, daß die deutschen Behörden und Politiker mir dabei behilflich sein werden. In der Türkei ist so etwas nicht selbstverständlich. Es gibt dort die Incommunicado-Haft. Inhaftierte haben dann wochenlang keinen Kontakt zu ihren Verwandten und Anwälten.

Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Öcalan?

Ich haben ihn zuletzt im Januar in Rom persönlich gesprochen. Seitdem stehe ich über andere in indirektem Kontakt zu ihm.

Was wollte er in Kenia?

Das war ein Zwischenstopp, um ihm einen sicheren Aufenthaltsort in Europa zu suchen. Besonders die Niederlande und Griechenland waren im Gespräch.

Wie ist es nach Ihren Informationen zu der Festnahme in Kenia gekommen?

Nach unseren gesicherten Informationen ist er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aus der griechischen Botschaft herausgelockt und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in die Türkei verschleppt worden. Man hat ihm die Zusicherung gegeben, daß er in einem Flugzeug über Kairo nach Holland gebracht würde.

Wer hat die Zusicherung gegeben?

Die kenianischen Behörden und der griechische Botschafter. Interview: Thomas Dreger