Das quotierte Klassenzimmer
: Deutschenquote!

■ In jeder Schulklasse müssen mindestens 30 Prozent Deutschstämmige mitlernen

In Deutschland leben derzeit etwa 7,3 Millionen MigrantInnen. Wer diesen Menschen endlich die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen will, muß sie als erstes bildungspolitisch voll anerkennen.

Wie groß der Handlungsbedarf gerade in den Schulen ist, läßt sich beispielhaft an der Zusammensetzung mancher Klassen ablesen. Der Anteil der SchülerInnen „nichtdeutscher“ Herkunftssprachen – wie die Kinder aus Migrantenfamilien gerne kategorisiert werden – beträgt an den Grundschulen im Berliner Bezirk Kreuzberg 60 Prozent, Tendenz steigend. An Hauptschulen sogar 70 Prozent und mehr. An den Gymnasien lernen immerhin noch 38 Prozent nichtdeutscher Herkunft. „Kreuzberger Mischung“ – das stand stadtsoziologisch einmal positiv für ein ausgewogenes Verhältnis von Wohnen und Arbeiten. In den Schulen ist die neue Kreuzberger Mischung eine ganz andere.

Einerseits zeigt sich in den Schulen, wie unsinnig die Trennung in „Deutsche“ und „Ausländer“ geworden ist – die so genannten Ausländer sind fast ausnahmslos selbst in Deutschland geboren. Andererseits zementiert die ungute Kreuzberger Mischung die Trennung zwischen Blutsdeutschen und Bildungsinländern.

Bis 1995 versuchte das Berliner Schulgesetz, dem etwas entgegenzusetzen: Maximal bei 35 Prozent sollte der Anteil von Kindern nichtdeutscher Herkunft in den Klassen sein. Daneben gab es die Ausländerregelklasse – eine monoethische Enklave „ausländischer“ SchülerInnen. In den Regelklassen ließ sich gut studieren, wie der quotenlose Schulalltag heute aussieht. Die „ausländischen“ Schüler bleiben unter sich. Es gibt für sie so gut wie keine Möglichkeiten, mit „deutschen“ Schülern oder der deutschen Sprache in Berührung zu kommen. Die Folgen sind dramatisch: Das Deutsch verbleibt auf einem gesprochenen Niveau; die Jugendlichen verlassen die Oberschule meist nur mit einem Hauptschulabschluß; sie haben erhebliche Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz, geschweige denn einen Ausbildungsplatz zu finden; und subjektiv empfinden die jungen Deutsch-Türken ihre Erfolglosigkeit als Ausgrenzung – nicht wenige wenden sich zurück in die Nischen ihrer türkischen Kultur.

Es stellt sich daher die Frage, ob es nicht wieder an der Zeit ist, Quoten einzufordern – Quoten für deutschstämmige Kinder wohlgemerkt. Jede Schulklasse müßte zu 30 Prozent aus deutschstämmigen Kinder bestehen. Das wäre eine Mindestvoraussetzung dafür, daß beide Seiten von der Mischung profitieren. Die einen, weil sie dem Deutsch in der Schule live begegnen; die anderen, weil ihnen die versteckte Ideologie ihrer Reinrassigkeit tagtäglich widerlegt wird.

Eine 30-Prozent-Mischung in den Schulen kann alleine Integration nicht bringen. Dafür sind die sprachlichen Fähigkeiten auch der deutschstämmigen Kinder teilweise viel zu schlecht. Aber sie wäre der erste Schritt neben vielen weiteren, um Bildung zu einem wichtigen Werkzeug der Integration werden zu lassen. Und in Gegenden wie Kreuzberg ist Integration das gesellschaftspolitische Feld schlechthin. Özcan Mutlu