Wertet Bonn Birmas Junta auf?

Die Bundesregierung hält sich bedeckt, ob sie Vertreter zu umstrittener Heroinkonferenz nach Birma schickt und damit die vom Westen gemiedene Militärjunta aufwertet  ■ Von Sven Hansen

Berlin (taz) – Im südostasiatischen Birma sind internationale Konferenzen rar. Denn die dort herrschende Militärjunta wird wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und ihrer Zusammenarbeit mit Drogenhändlern gemieden. Um so umstrittener sind deshalb Pläne von Interpol, Ende Februar in der birmesischen Hauptstadt Rangun eine Heroinkonferenz durchzuführen. Neben Großbritannien, Irland, Dänemark, Norwegen, Belgien und den Niederlanden haben inzwischen auch die USA ihre Teilnahme an der Konferenz abgesagt. Die deutsche Regierung hingegen zögert noch mit einer Entscheidung.

Ein Sprecher des Bundeskriminalamts (BKA) sagte der taz, eine deutsche Teilnahme sei „noch nicht entschieden“. Die Entscheidung würde mit dem Innen- und dem Außenministerium abgestimmt, die dazu keine Auskünfte geben wollten. Bei Gesprächen mit diplomatischen Kreisen überwiegt der Eindruck, daß Bonn Vertreter schicken wolle, aber aus Sorge vor Protesten mit der Bekanntgabe der Entscheidung wartet.

„Es ist absurd, wenn deutsche Gesetzeshüter in einem Staat absoluter Rechtlosigkeit über Maßnahmen zur Eindämmung des Drogenhandels diskutieren sollen“, schreibt die Gesellschaft für bedrohte Völker in einem offenen Brief an Außenminister Joschka Fischer. Gerade er als EU-Ratspräsident müsse darauf achten, daß die Sanktionsbeschlüsse der EU gegenüber Birma nicht unterlaufen würden (siehe Text unten).

Das US-Außenministerium nannte die Wahl Ranguns als Ort der Interpol-Konferenz „beunruhigend“. Birmas Regime könnte die Konferenz nutzen, um den „falschen Eindruck internationaler Unterstützung“ zu erwecken. Erst 21 von 43 eingeladenen Staaten haben ihre Teilnahme zugesagt. Aus Westeuropa nimmt bisher nur Frankreich teil.

Die Junta reagierte auf die Absagen verärgert. Die USA und Großbritannien hätten mit ihrer großen Nachfrage nach Drogen „eine besondere Verpflichtung“ zur Teilnahme. In der Vergangenheit warf die Junta dem US-Geheimdienst CIA vor, den Drogenanbau im Grenzgebiet zu China nach der dortigen Revolution 1949 selbst gefördert zu haben.

Birma gilt heute als weltgrößter Opium- und Heroinproduzent. Gerade deshalb hält Interpol das Land für geeignet, Gastgeber der Heroinkonferenz zu sein. „Nur wenige Polizeiorganisationen haben direkte Kontakte in das „Goldene Dreieck“. Die Konferenz soll diese Kontakte herstellen“, so Iqbal Hussain Rizwi von der Interpol- Zentrale im französischen Lyon. Bei der Konferenz ist auch der Besuch eines Mohnfelds vorgesehen. „Es ist unglaublich, daß Interpol keine Kenntnisse von den gut dokumentierten Verbindungen des Regimes in Rangun zum Drogenhandel und zur Geldwäsche hat“, meint Kham Zam von der oppositionellen birmesischen Shan Democratic Union.

Nach offiziellen Angaben aus Rangun wurden 1998 auf 60.500 Hektar Mohnfeldern 665 Tonnen Opium produziert, was 66 Tonnen Heroin entsprechen würde. Die US-Regierung geht von weit höheren Zahlen aus. Demnach habe 1997 die Anbaufläche 155.150 Hektar betragen, die Produktion von Opium 2.365 Tonnen und die von Heroin 197 Tonnen. Die Produktion von Amphetaminen steigt stark. Der thailändische Amphetaminkönig Surachai „Bang Rong“ Ngernthongu soll in Birma Unterschlupf gefunden haben.

Großbritanniens Außenminister Robin Cook wirft der Junta vor, mit den Drogenhändlern unter einer Decke zu stecken. Drogenbarone wie Khun Sa und Wei Hsueh-kang, auf den in den USA zwei Millionen Dollar ausgesetzt sind, leben unbehelligt in Rangun und „waschen“ ihr Drogengeld zur Freude der Junta mit Investitionen in Birmas Wirtschaft. Die Drogenbarone dürfen ihren Geschäften nachgehen, sofern ihre Armeen nicht wie andere bewaffnete Gruppen die Junta bekämpfen.

Um das Image der Junta aufzubessern, berichten Birmas kontrollierte Medien seit Wochen verstärkt über die Beschlagnahmung von Drogen. General Khin Nyunt kündigte auch an, Birma wolle künftig verstärkt internationale Konferenzen beherbergen.