Moralischer Mandela

■ Unter Ovationen eröffnet Südafrikas Präsident das Parlament zum letzten Mal

Kapstadt (AFP/dpa) – In seiner letzten Rede zur Lage der Nation hat Südafrikas Präsident Nelson Mandela das Land zur einer moralischen Erneuerung aufgefordert. Es gebe viele Fortschritte, aber auch noch ernste Probleme, sagte Mandela gestern vor dem Parlament in Kapstadt, vor allem Korruption und Bandenkriminalität. Mandela sagte, daß die Apartheid trotz der offiziellen Aufhebung der Rassentrennung faktisch noch immer fortbestehe.

Unter seiner Führung habe Südafrikas Regierung seit 1994 drei Millionen Menschen neu mit fließendem Wasser und weitere zwei Millionen mit Strom versorgt, erklärte Mandela. Fünf Millionen Kinder nähmen an Schulspeisungen teil, 700.000 Familien hätten ein eigenes Heim erhalten. Außerdem würden Bildungsprogramme ständig verbessert und Arbeitsplätze neu geschaffen.

Die Abgeordneten, auch jene von den Oppositionsbänken, ehrten den Präsidenten, der im Mai aus dem Amt scheidet, im Anschluß an die Rede mit stehenden Ovationen. Laut Redemanuskript wollte Mandela auch den Termin für die zweite Parlamentswahl des Parlamentes verkünden, die demnach zwischen dem 18. und dem 27. Mai stattfinden soll. Vor dem Parlament ließ er diese Angaben jedoch aus juristischen Gründen weg, wie sein Sprecher erläuterte.

Noch während Mandela sprach wurde gemeldet, daß Kanadas Botschafter James Bartelman in seinem Kapstädter Hotel überfallen und beraubt worden ist. Anstatt Mandela zuzuhören, mußte er sich im Krankenhaus an einer gebrochenen Nase behandeln lassen.